Rasenpflege XL Die Greenkeeper von Fortuna Düsseldorf

Seit 30 Jahren unterstützt die Zukunftswerkstatt Düsseldorf (ZWD) langjährig erwerbslose Menschen beim (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt. Als kommunales Unternehmen betreibt die ZWD unter anderem die Umweltwerkstatt. Zu deren Aufgaben gehört neben dem Erhalt von öffentlichen Park- und Grünanlagen auch die Rasenpflege der Trainingsplätze von Fortuna Düsseldorf im Arenasportpark.

 Saftiges Grün, lockere Krume: So sieht ein top gepflegter Fußballrasen aus.

Saftiges Grün, lockere Krume: So sieht ein top gepflegter Fußballrasen aus.

Foto: Düsseldorfer Anzeiger/Berit Kriegs

Mit einer herkömmlichen Gartenwiese hat ein Fußballrasen ungefähr so viel gemein wie die Kreisklasse mit der Bundesliga. „Rasen ist nicht gleich Rasen“, sagt Kim Steigert, Landschaftsgärtner, fast fertig ausgebildeter Fußballrasen-Greenkeeper und stellvertretender Leiter der Umweltwerkstatt. Mit den Kollegen Anika Friemelt und Alexander Voigt sowie derzeit drei Mitarbeitern von der Zukunftswerkstatt stellt er sicher, dass Erstligist Fortuna 95 tagtäglich ideale Trainingsbedingungen vorfindet. Drei Naturrasenplätze und ein Kunstrasenfeld wollen gehegt und gepflegt werden. Professionelle Unterstützung bekommt das Team dabei von einem prominenten Experten – Dieter Prahl, ehemaliger Chef-Greenkeeper von Bayer Leverkusen, genannt der „Rasenpapst“.

Jedem Laien dürfte klar sein, dass ein Fußballrasen extremer Beanspruchung unterliegt. „Er muss besonders tritt- und scherfest sein“, spezifiziert Fachmann Kim Steigert. Aus diesem Grund kämen eigentlich nur zwei Gräser infrage: das deutsche Weidelgras (Lolium perenne) und die Wiesenrispe (Poa pratensis). Auch der Boden, die sogenannte Rasentragschicht, ist von Bedeutung: Er muss eher sandig und locker sein, um eine gute Wurzelbelüftung und Entwässerung zu gewährleisten.

Überhaupt, das Wasser. Zu viel Feuchtigkeit ist der größte Feind des Rasens. „Das Wasser muss vom Platz“, sagt Dieter Prahl, weswegen es morgens die erste Arbeit eines Greenkeepers sei, mittels eines darübergezogenen Seils „den Tau vom Gras zu holen“. Ist es extrem heiß und trocken, wie in den letzten beiden Sommern, muss zusätzlich bewässert werden. Das funktioniert sogar ohne physische Anwesenheit – via App lassen sich die Beregner auch aus der Ferne steuern.

Ein ordentlicher Fußballrasen hat eine Schnitthöhe von 2,5 cm, mähen ist – außer im Winter – tägliche Routine. Denn Rasen wächst schnell: ist er frisch gedüngt und spielt das Wetter mit, manchmal einen Zentimeter pro Tag. Stickstoff, Phosphor und Kalium sind sein wichtigstes Futter, das grammgenau dosiert wird. Nicht nur für den Rasen unabdingbar, sondern auch für die Umwelt – da der Arenasportpark im Wasserschutzgebiet liegt, gelten strenge Düngevorschriften.

Ein zentraler Aspekt der Rasenwartung ist die Lockerung des Bodens zur Belüftung der Wurzeln. „Ein Sportrasen funktioniert zu 50 Prozent über die Wurzeln“, so Rasenpapst Prahl. Regelmäßiges Besanden ist ebenfalls ein großes Thema. Es sorgt im Boden für ein gutes Porenvolumen, was wiederum eine gute Wasserab- und Sauerstoffzufuhr der Wurzeln gewährleistet. Natürlich ist auch Sand nicht gleich Sand: Zum Einsatz kommt, Landschaftsgärtner Kim Schweigert schwört darauf, nur „null bis zwei Millimeter großer gewaschener Rheinsand“ eines bestimmten Lieferanten. Nach jedem Training müssen außerdem die Löcher im Rasen ausgebessert werden und etwa einmal wöchentlich wird das Spielfeld markiert – zwei Tonnen wasserlösliche „Rasenmarkierungsfarbe“ gehen pro Jahr für die drei Naturrasenplätze drauf.

Hochkonjunktur für die Rasenhüter herrscht nach Ende der Bundesliga-Saison, in der Regel von Mai bis Mitte Juni. Dann werden die Plätze auf links gedreht und renoviert, wobei das Wichtigste die Nachsaat ist. Letztlich aber kommt es auf die Details an. „Kleinigkeiten sind entscheidend für den Spielbetrieb“, sagt Dieter Prahl und fasst zusammen, was ein solides Grün ausmacht: „Ebenflächigkeit, Wasserdurchlässigkeit, Scherfestigkeit, Deckungsgrad, Farbaspekt und Schnitthöhe sind die Kriterien eines Fußballrasens.“

Marcel Walter ist einer der Mitarbeiter, die über das Jobcenter zur Zukunfts- und von dort zur Umweltwerkstatt vermittelt wurden. Seit zweieinhalb Jahren ist er dabei; weitere zweieinhalb Jahre läuft die Maßnahme als eine von vielen der ZWD, mit der (Langzeit-)Arbeitslose für die Rückkehr in den Arbeitsmarkt qualifiziert werden. Für Fortuna-Fan Marcel Walter die perfekte Beschäftigung: „Es macht mich stolz, für meinen Verein arbeiten zu dürfen.“

Nicht für jeden ist die Fußballplatzpflege ein Traumjob, weswegen die ZWDler der Umweltwerkstatt zunächst ein zweiwöchiges Praktikum absolvieren. „Die Arbeit ist anspruchsvoll“, sagt Kim Steigert, „die Leute werden kontinuierlich geschult.“ Von der Zukunftswerkstatt erhalten die Mitarbeiter sozialpädagogische Begleitung und werden gegebenenfalls bei der Erlangung von Zusatzqualifikationen gefördert. Frühes Aufstehen darf man ebenfalls nicht scheuen – Arbeitsbeginn im Winter ist um sieben, im Sommer um sechs Uhr. Wind und Wetter, je nach Jahreszeit, tun ihr Übriges; Grünpflege im großen Stil ist ein Outdoor-Job. „Jeder Tag ist anders“, sagt Dieter Prahl. Und noch etwas sei nicht zu unterschätzen: „Fußballbegeistert sollte man schon sein, sonst wird man hier nicht glücklich.“

(bk)
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