„In den vergangenen Wochen haben Verhandlungsteams von CDU und Grünen gemeinsam mit OB Stephan Keller eine Koalitionsvereinbarung für die Wahlperiode 2025 bis 2030 erarbeitet. Diese wird am 10. Dezember auf einem CDU-Parteitag und einer Grünen-Mitgliederversammlung abgestimmt“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Parteien.
„Wir haben uns im Wahlkampf engagiert und intensiv auseinandergesetzt. Uns vereint grundlegend der Wille und das Ziel, Düsseldorf besser zu machen. In diesem Sinne ist Schwarz-Grün tatsächlich die ‚Fraktion Düsseldorf’“, sagt Oberbürgermeister Stephan Keller. „Diese Koalition bildet die Facetten unserer Stadt ab: von urbanen Großstadtmilieus bis zu bürgerlich-ländlichen Strukturen.“
Ausgangspunkt der Gespräche sei der Anspruch gewesen, die drängendsten Probleme der Menschen zu lösen: bezahlbares Wohnen, Mobilität, Klimaschutz und Klimaanpassung, Soziales und Familien, Sicherheit und Sauberkeit, Wirtschaft und Finanzen.
Bürgermeisterin Clara Gerlach (Grüne) präzisiert: „Um bezahlbare Wohnungen zu sichern und neu zu schaffen, haben wir umfassende Maßnahmen vereinbart. Den Schutz für Mieterinnen und Mieter verbessern wir insbesondere durch neue Erhaltungssatzungen und eine stärkere Wohnungsaufsicht. Im Neubau liegt unser Fokus auf den großen Brachflächen und auf einer optimalen und dafür flexiblen Nutzung der Fördermittel für bezahlbaren Wohnungsbau.“
Im vielleicht „am stärksten umkämpften Thema, der Mobilität“, wolle man das Gegeneinander und die Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners überwinden. Das IHK-Kernstraßennetz einerseits und den ADFC-Radwegecheck andererseits verbinde man dafür zu einer neuen Basis.
Und weiter: „Am Ziel der Klimaneutralität bis 2035 halten wir fest und vereinbaren, in den nächsten fünf Jahren Investitionen von 500 Millionen Euro anzustreben, mindestens 80 Millionen Euro pro Jahr“, so Gerlach. „Mit konkreten Maßnahmenplanungen“, wie sie betont.
Und die Oper? „Wir bekennen uns klar zum Neubau“, sagt CDU-Fraktionschef Rolf Tups. „Der Gesamtrahmen des Projektes soll den Betrag von einer Milliarde Euro nicht übersteigen. Um diesen Rahmen zu halten, werden wir mit der IPM ein Controlling einführen, das die Ziele hinsichtlich Kosten, Qualität und Terminen steuert. Gleichzeitig sichern wir die weiteren Zukunftsinvestitionen sowie die Aufgaben im sozialen Netz der Stadt ab.“
Und: In Anlehnung an das „Zürcher Modell“ setze man in der Drogenbekämpfung auf eine Kombination aus niedrigschwelligen Hilfsangeboten, Prävention und konsequentem ordnungsrechtlichem Handeln.
Wie bewerten Protagonisten von außen die angekündigte Koalitionsvereinbarung von Schwarz/Grün?
Für die SPD kommt der Koalitionsvertrag „ohne echte Lösungen für die sozialen Herausforderungen der Stadt, ohne Fortschritt bei der Verkehrswende und ohne Mut in der Wohnungs-, Klima- und Stadtentwicklungspolitik“ daher. Fraktionsvorsitzende Sabrina Proschmann: „CDU und Grüne beantworten die Herausforderung ‚bezahlbares Wohen‘, indem sie die Quote für sozialen Wohnungsbau absenken – ihre angebliche ‚große Lösung‘ zur Ankurbelung des Wohnungsbaus. Das Ergebnis ist absehbar: mehr teure und am Ende unbezahlbare Wohnungen, weniger Mieter-Schutz und noch mehr Druck auf dem Wohnungsmarkt.“
Bei den Finanzen blieben CDU und Grüne im Koalitionsvertrag vage: Wo wird investiert? Wo gespart? Welche Angebote werden gestärkt, welche werden gekürzt? Die SPD moniert „fehlende Priorisierung im sozialen und gesundheitlichen Bereich, was fehlende Sicherheit für Träger, Beschäftigte und Betroffene bedeutet.“ Statt 60 Millionen Euro sollten künftig 100 Millionen Euro jährlich für den Klimaschutz bereitstehen. Proschmann: „Doch wie diese Mittel eingesetzt werden sollen, bleibt unklar. Schon die bisherigen 60 Millionen wurden nur schwer umgesetzt.“
Beim Verkehr würden die Radleitrouten – einst als großer Wurf auf dem Weg zur sogenannten „Fahrradhauptstadt“ angekündigt – zurückgenommen, bevor überhaupt eine fertiggestellt worden sei. „Die Verkehrswende bleibt ein politisches Projekt für Ankündigungen, nicht für Umsetzung.“
„Wir begrüßen die Übernahme des von der IHK Düsseldorf erstellten Kernstraßennetzes in den Koalitionsvertrag“, sagt hingegen Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK. „Das Kernstraßennetz umfasst die wichtigsten Straßen für den Pkw- und Lkw-Verkehr und ist wichtig, um die Mobilitätswende nachhaltig voranzutreiben und dabei zugleich eine bedarfsgerechte Infrastruktur für den Wirtschaftsverkehr bereitzustellen.“ Die solide und nachhaltige Sicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit seien ein positives Signal für den Wirtschaftsstandort. Berghausen: „Dass alle Maßnahmen des Koalitionsvertrags unter diesem Vorbehalt stehen, ist sehr zu loben.“ Die IHK begrüßt, dass die Koalition auf eine integrierte Stadtentwicklung setzt, die Wohnen, Arbeiten, soziale Infrastruktur und Klimaanpassung zusammen denkt. Das Instrument des Raumwerk D, das nun fortgesetzt werde, habe die IHK von Anfang an intensiv begleitet.
Die Wirtschaft unterstütze zudem das städtische Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2035. Das zeige sie auch mit ihrem Engagement im Düsseldorfer Klimapakt. „Wir fordern jedoch, ökonomische Aspekte stärker zu berücksichtigen und die erzielten Fortschritte mit zeitnahen und auf die Energie- und Treibhausbilanz der Landeshauptstadt abgestimmten Daten zu kommunizieren“ so Berghausen. „Dieses Monitoring und das eventuell nötige Nachjustieren stehen im Koalitionsvertrag.“
Zudem spreche man sich als Befürworterin der Oper dafür aus, dass das Projekt jetzt unter Einhaltung des Zeit- und Budgetplans durch ein professionelles Projektmanagement umgesetzt wird. Dass die Verlängerung der Rheinuferpromenade aus finanziellen Gründen aus den Planungen gestrichen wurde, sei für die Weiterentwicklung der Stadt ein angesichts der geplanten Ausgaben für bereits genannte Politikfelder zu verschmerzen...
„Der ADFC begrüßt die meisten Ziele und Absichten der Koalitionspartner“, sagt dessen Vorsitzende Daniela Günther. „Unser Eindruck ist die Parteispitzen willens sind, sie auch umzusetzen. Und wir freuen uns sehr über die Wertschätzung unseres Engagements beim Test des Düsseldorfer Radhauptnetzes.“ Projekte mit hoher Sicherheitsrelevanz sollen priorisiert, Knotenpunkte umgestaltet und neue durchgängige Achsen vorangebracht werden. Weitere gute Absichten: die attraktive Anbindung des Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof in alle Richtungen, der Ausbau von Fahrradgaragen in den Quartieren, mehr Tempo 30 rund um „sensible Einrichtungen“, sicherere Schulwege - auch durch temporäre Schulstraßen, digitale Kontrollen gegen das Zuparken von Geh- und Radwegen oder mehr digitale Infos zu Radwegebau, Baustellen und Umleitungen. Überhaupt nicht einverstanden ist der ADFC hingegen mit der Ankündigung, dass die Schadowstraße auf mittlere Sicht tagsüber zur Fußgängerzone würde. Und mögliche Kollisionen mit dem bei der IHK abgeschauten „Kernnetz“ müssten im Einzelfall geprüft werden.
In der Fraktion Freie Wähler Tierschutz Partei bewertet man den neuen Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis90/Grüne als „politischen Stillstand im modernen Gewand.“ Trotz 57 Seiten voller Überschriften, Absichtserklärungen und Prüfaufträge seien echte Lösungen für Wohnungsnot, Verkehrsdruck und soziale Probleme kaum erkennbar.
Geschäftsführer und Ratsherr Torsten Lemmer kritisiert: „Der Koalitionsvertrag liest sich wie ein Wunschbuch ohne Kompass. Vieles steht unter Haushaltsvorbehalt – das ist politisches Schönwetterreden ohne Realitätscheck. Düsseldorf verdient mehr als Überschriftenpolitik.“