Ratgeber Baufinanzierung kündigen: Ist das möglich?

Baufinanzierungen sind für viele Menschen ein wichtiger Baustein, um den Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklichen. Mit Laufzeiten von mehreren Jahrzehnten handelt es sich um langfristige Verpflichtungen, die das finanzielle Leben maßgeblich prägen. Doch was passiert, wenn sich im Laufe der Zeit die Lebensumstände oder die finanzielle Situation ändern und der Wunsch entsteht, die Baufinanzierung vorzeitig zu kündigen? In diesem Artikel beleuchten wir, ob und unter welchen Umständen eine Kündigung der Baufinanzierung möglich ist.

Ratgeber: Baufinanzierung kündigen: Ist das möglich?
Foto: Tierra Mallorca auf Unsplash

Grundlagen der Baufinanzierung
Da mit dem Kredit für den Hausbau eine besonders große Geldmenge geliehen wird, unterscheiden sich Baufinanzierungen signifikant von anderen Kreditformen. Ihre Laufzeit und die Option, das Haus als Sicherheit zu hinterlegen, grenzen sie beispielsweise von regulären Konsumkrediten ab. Deshalb erlauben die vertraglichen Regelungen für das Immobiliendarlehen oft nicht die gleiche Flexibilität, die andere Kreditformen besitzen.


Im besten Fall kann man während dieser Zeit den gesamten Darlehensbetrag zurückzahlen. Wenn nicht, ist eine Anschlussfinanzierung notwendig. Sie hat dann meist einen höheren Zins, als der zuvor gesicherte Wert, und lässt das Bauvorhaben damit teurer ausfallen.

Können Baufinanzierungen frühzeitig beendet werden?
Banken möchten verhindern, dass Kreditnehmer ihre Darlehen vor Ablauf der Vertragslaufzeit beenden, da ihnen so Zinszahlungen entgehen. Daher ist es nicht leicht, Immobilienfinanzierungen frühzeitig zurückzuzahlen und zu kündigen.

➔ Wer die Restschuld vor Ablauf des Kreditvertrags begleichen möchte, muss in der Regel eine Vorfälligkeitsentschädigung leisten. Dadurch erhöht sich die Schuld, manchmal erheblich.

Es gibt zwei Optionen, diese hohe Entschädigungszahlung zu umgehen:

1. Sonderkündigung
Das Sonderkündigungsrecht bei Baufinanzierungen ist ein Recht, das im § 489 des Bürgerlichen Gesetzbuch festgehalten ist. Laut ihm können deutsche Bürger eine Immobilienfinanzierung unter gewissen Umständen frühzeitig in Teilen oder vollständig kündigen:

Ratgeber: Baufinanzierung kündigen: Ist das möglich?
Foto: Infografik

➔ Wurde der Kredit gestaffelt ausgezahlt, gilt diese Frist also erst zehn Jahre, nachdem man den letzten Teil des Darlehens erhalten hat.


Dieses Zeitfenster muss eingehalten werden. Zahlt man die Schuld nicht innerhalb der 14 Tage zurück, gilt das Darlehen als nicht gekündigt und läuft wie gehabt weiter.

Alternative Kündigungsgründe
In Sonderfällen kann der Kredit auch gekündigt werden, bevor zehn Jahre nach der Auszahlung vergangen sind. Das gilt, wenn:

➔ das Haus, das durch den Kredit gezahlt wurde und als Sicherheit gilt, verkauft wurde.

➔ man aus einem triftigen Grund eine Erhöhung des Darlehens erbittet, die Bank diesen aber ablehnt und man daher einen zusätzlichen Kredit aufnehmen müsste.

Als triftiger Grund gilt zum Beispiel eine unerwartete, notwendige Sanierung oder sonstiger Mehraufwand.

2. Sondertilgung
Manche Baufinanzierungen bieten die Möglichkeit von Sondertilgungen an. Das bedeutet, dass der Kreditnehmer ein- oder wenige Male neben den vereinbarten monatlichen Raten einen zusätzlichen Betrag zur Tilgung des Kredits einzahlen können.

Anders als das Sonderkündigungsrecht ist die Sondertilgung nicht in jeder Baufinanzierung enthalten.

Bei der frühzeitigen Beendigung eines Darlehens wird die Vorfälligkeitsentschädigung anhand der Restschuld berechnet. Beträge, die als Sondertilgung gezahlt wurden, werden dabei aber nicht beachtet. Deshalb fallen weniger oder keine Entschädigungszahlungen an, wenn der Immobilienkredit dank einer Sondertilgung früher beendet wurde.

Wann lohnt es sich, einen Baukredit frühzeitig zu beenden?
Die Sonderkündigung eignet sich in der Regel für Darlehen, die eine Festzinsbindung von über 10 Jahren besitzen. Sind die aktuell verfügbaren Zinsen 10 Jahre nach der Auszahlung des Darlehens niedriger, als der Festzins des bestehenden Kredits, bietet sich eine Umschuldung an. Dann sollte das Sonderkündigungsrecht angewendet werden.

● Im Rahmen der Kündigungsfrist können die Kreditnehmer einen neuen Kredit mit günstigeren Konditionen aufnehmen, um die Restschuld der alten Baufinanzierung zu begleichen.

Danach muss man zwar weiterhin monatlich die Restschuld des Baudarlehens begleichen, das aber bei einem anderen Kreditgeber und mit niedrigeren Zinsen. Das reduziert den Endbetrag.

➔ Wichtig: Bei einer Umschuldung können Kosten anfallen, zum Beispiel für die Abtretung der Grundschuld von der alten an die neue Bank. Hier muss der Kreditnehmer darauf achten, dass dieser Betrag niedriger ist, als die Einsparungen durch die Umschuldung und wegfallende Vorfälligkeitsentschädigungen. In den meisten Fällen liegt er in einem niedrigen, dreistelligen Bereich, weshalb sich die Umschuldung oft lohnt.

Sondertilgungen eignen sich auch für kürzere Kreditlaufzeiten und sind ein Teil der smarten Planung einer Baufinanzierung. Hat man unerwartet größere Geldsummen zur Verfügung, oder nutzt man eine Umschuldung, kann man die Restschuld und Laufzeit des Kredits somit ohne Strafzahlungen verkürzen.

➔ Man ist aber nicht verpflichtet, diese Sonderzahlungen zu leisten, wenn man das zusätzliche Geld nicht zur Verfügung hat. Dadurch erlebt man keine Nachteile.

Sonderfall Teilkündigung
Mit dem Sonderkündigungsrecht muss nicht immer der gesamte Baukredit beendet werden. Die Teilkündigung lohnt sich für einen spezifischen Nischenfall:

➔ Wenn man nicht die gesamte Restschuld begleichen kann, aber einen höheren Betrag zurückzahlen möchte, als es mit einer Sondertilgung erlaubt ist, kann ein Teil des bestehenden Kredits in Höhe dieses Betrags gekündigt werden. Der übrige Betrag läuft weiterhin über die alte Baufinanzierung.

Für den Rest der Baufinanzierung kann das Sonderkündigungsrecht danach erneut angewendet werden.

Fazit
Festzinsen helfen dabei, die Ausgaben für eine Baufinanzierung gut planen zu können. Verringern sich die verfügbaren Zinsen für neue Kredite, kann es sich aber lohnen umzuschulden und den Kredit vor Ablauf der Laufzeit zurückzuzahlen. Das ist nicht immer ohne Strafzahlungen in Form von Vorfälligkeitsentschädigungen möglich. Sondertilgungen und die Sonderkündigung sind die einzigen Wege, eine Baufinanzierung frühzeitig ohne Zusatzkosten zu beenden.
Sondertilgungen erlauben eine schnellere Rückzahlung, zusätzlich zu den monatlichen Raten. Diese Beträge werden in der Berechnung der Vorfälligkeit nicht beachtet und reduzieren sie damit. Dafür muss die Option für Sondertilgungen in dem Kreditvertrag enthalten sein.
Das Sonderkündigungsrecht kann hingegen immer zehn Jahre nach der Auszahlung des vollständigen Darlehens in Anspruch genommen werden. Wenn ein Kreditnehmer umschulden möchte, kann er den Kredit so kündigen. Nach einer Frist von sechs Monaten hat er dann ein Zeitfenster von zwei Wochen, um die Restschuld des gekündigten Darlehens zu begleichen, ohne Vorfälligkeitsentschädigungen zahlen zu müssen.
Dabei sollte immer durchgerechnet werden, ob und wie sehr sich eine Umschuldung und Kündigung finanziell lohnt. Bei Unklarheiten über diesen Vorgang lohnt es sich, sich durch Finanzexperten beraten zu lassen.

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