Oberbilker Stiftung sucht bei der Stadtteil-Hilfe neue Wege „Einen Schritt weiter“

Das Tor, durch das man an der Emmastraße 20 in Oberbilk in den Innenhof läuft, ist noch aus den Startjahren der Stahl- und Metallbaufirma Herzog, die hier über Jahrzehnte bis Ende der 1960er Jahre firmierte. Das ist lange vorbei, doch aus dem Ende des Unternehmens wuchs über viele Jahre eine Stiftung, die das soziale Leben im Stadtteil bis heute stützt - und dabei nun einen etwas anderen Weg einschlagen will.

Durch die Stiftung unterstützte Seniorenfreizeit aus Oberbilk.

Foto: Paul und Mia Herzog-Stiftung/sven vuellers

Hinter jenem Tor fällt der Blick auf mehrere große Hallen sowie sauber geklinkerte Anbauten. In einem dieser Flachgebäude empfangen Sylvia Vits und Sven Vüllers den Besucher. Vits ist Begleiterin der ersten Stunde in der Paul und Mia Herzog-Stiftung, heute ihre Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin und erzählt, wie alles begann.

Die Eheleute Herzog führten das Unternehmen gemeinschaftlich, er war Ingenieur, sie war zuständig für den kaufmännischen Teil. 1967 verstarb Paul Herzog. „Mia Herzog hätte die Firma ganz allein weiterführen müssen, das war sehr schwierig, zu schwierig“, so Sylvia Vits. Herzog begann damit, die ursprünglichen Stahlbetriebshallen an unterschiedliche Firmen zu vermieten. Ihr Auskommen bestritt sie zudem mit eigenen Wohnhäusern im Stadtteil, auf der Oberbilker Allee und eben der Emmastraße. Vits: „Im Laufe der Zeit mieteten hier Druckereien, Modefirmen, Kunstateliers und Fotostudios Räume. Irgendwann kam dann die Jugendberufshilfe dazu und ist inzwischen alleiniger Anrainer.“

Stiftungs-Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin Sylvia Vits (2. v. l.) mit Kolleginnen und Kollegen aus der Stiftungsarbeit - „Ihr könnt auf uns zählen!“.

Foto: Stiftung/Sven Vüllers

Mit den Gewerbe- und Wohnimmobilien war Mia Herzog zu einer vermögenden Frau geworden. Zur Jahrtausendwende beschäftigte sie sich erstmals mit dem Gedanken an eine Stiftung. „Frau Herzog hatte zuvor schon immer gespendet, für die Krebshilfe, Kinder, Tiere“, erinnert sich Sylvia Vits. Sie sei aber auch pragmatisch, eine knallharte Unternehmerin gewesen. „Aber wenn sie gesehen hat, dass jemand in Not ist und helfen konnte, dann war sie da.“ Sie hätte aber sehen wollen, das Unterstützte die Hilfe auch nutzen. Bildung sei ihr wichtig gewesen, Kunst und Sport.

Stiftungsgründerin Mia Herzog - sie starb 2006.

Foto: privat

2003 legt Mia Herzog die Stiftung „zumindest erst einmal auf dem Papier“ fest. Zweck: die Verbesserung der Bildungs- und Integrationschancen junger Menschen sowie die der Lebensbedingungen alter, oft vereinsamter Senioren. Als „Begünstigten“ benennt sie den Stadtteil Oberbilk. „Sie hatte die Belegschaft ihres Stahlbetriebs immer als große Familie gesehen. Viele Arbeiter lebten in ihren Oberbilker Wohnungen“, sagt Sylvia Vits. 2006 stirbt Mia Herzog. Das gesamte Privatvermögen aus Gewerbe- und Wohnimmobilien geht in die Stiftung über. Zuvor hatte sie Sylvia Vits und deren heutigen Vottandskollegen Thomas Vetter für die Stiftungsführung vorgeschlagen. Vits will sich zu dem Zeitpunkt eigentlich mit einer Künstleragentur selbständig machen. „Frau Herzog fragte mich konkret, ob ich dabei wäre. Ich hatte kaum Hintergrundwissen zum Thema, wollte daher meine ursprünglichen Pläne parallel weiter laufen lassen.“ Sie lächelt: „Dazu ist es nie gekommen.“

Das ehemalige Stahlbetriebsgelände an der Emmastraße heute.

Foto: Stiftung

Natürlich hat sie heute mannigfaltige Unterstützung. Vorstand (zwei weitere Mitglieder sind dazugekommen) und Kuratorium (insgesamt drei Kollegen) der Stiftung sind mit Betriebswirten, Handwerksmeistern, Sozialpädagogen, Bankern und Steuerberatern besetzt. In der Verwaltung sind sieben Mitarbeiter dabei. Heute fördert man 17 Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in Oberbilk, sechs Schulen und drei Senioreneinrichtungen mit bis zu 350.000 Euro jährlich. Darunter sind etwa die Singpause, Herzwerk, das Akki, das Sportwerk, der Verein „Königinnen und Helden“ oder eben die Jugendberufshilfe.

Die Stiftung operierte bislang weitgehend im Hintergrund, ohne große Öffentlichkeit, finanziert aus den Mieteinnahmen der Immobilien. Das soll sich nun ein wenig ändern. Und da kommt auch Sven Vüllers ins Spiel. Der freie Fotograf, seit über einem Jahr dabei, ist Oberbilker: „Ich bin hier groß geworden, habe im Volksgarten gespielt, bei Turu Fußball gespielt. Das passte hier, weil ich zu fast jedem Projekt etwas erzählen und beitragen konnte.“ Seine Kinder seien im „Düsseldörfchen“ aktiv, die Mutter arbeitete im St. Josefs-Haus. Er assistiert im Bereich Kommunikation und Marketing den „Schritt der Stiftung in die Öffentlichkeit.“

Hintergrund: Die Wohnungen und Häuser des Herzog-Besitzes sind in den vergangenen Jahren grundsaniert worden. „Dächer, Dämmung, neue Fenster, sanierte Rohrleitungen und erneuerte Elektroinstallationen zählt Sylvia Vits auf. „Das war größtenteils Nachkriegs-Standard.“ Auf rund 70.000 Euro pro Wohnung beziffert sie die Investition. Das hat Budget gebunden. „Wir erhoffen uns von dem Schritt, perspektivisch Partner für unsere Stiftungsarbeit zu finden, die bestimmte Projektideen, die auch unsere Möglichkeiten überschreiten, gemeinsam zu fördern“, sagt Sven Vüllers. Sylvia Vits ergänzt: „Wenn Unternehmen, mehr Menschen auf uns aufmerksam werden, ist die Grundlage dafür geschaffen, weitere Unterstützer, die unsere Projekte sehr gerne auch dauerhaftmittragen, anzusprechen.“ Also weg von der reinen Stiftungsorientierung hin zum auch spendenbasierten Arbeiten. Laut Vüllers ist der zahlenmäßige Abbau der Begünstigen vor dieser Entscheidung kein Thema, in Frage kämen aber durchaus Budgetkürzungen. „Der Schritt in die Öffentlichkeit ist sehr wichtig“, schließt Sylvia Vits. „Denn wir wollen, dass man hier im Stadtteil weiter auf uns zählen kann.“