Ärztekammer warnt vor Medizin-Scharlatanerie im Netz Riskante Entwicklung

Die Ärztekammer Nordrhein in Düsseldorf warnt - grundsätzlich ersetzten so genannte Medfluencer auf Social Media-Kanälen keinen persönlichen und direkten Arztkontakt.

So genannte Medfluencer haben bei TikTok und Co. verstärkt Zulauf.

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Das Internet ist längst zu einem üblichen Informationskanal für Gesundheitsfragen geworden. Zunehmend folgen junge Erwachsene auch Medfluencern, die über Online-Plattformen wie YouTube, Instagram und TikTok über Krankheiten, deren Vorbeugung und Behandlung informieren. Die Ärztekammer in Düsseldorf zitiert eine österreichische Studie aus dem vergangenen Jahr: Die zeige, dass dort schon knapp 40 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen Medfluencern folgen.

„Ich kann verstehen, wenn junge Menschen bei Gesundheitsfragen auf die Empfehlungen bekannter Medfluencer setzen, mit denen sie per Chat im direkten Austausch stehen und die sie häufig als Vorbilder für eine gesunde Lebensführung ansehen“, sagt Dr. Sven Dreyer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein. „Dennoch halte ich die Entwicklung für riskant. Denn nur die wenigsten können unterscheiden, ob es sich bei den Social-Media-Inhalten der Medfluencer um evidenzbasierte Gesundheitstipps, um Scharlatanerie oder um versteckte Produktwerbung handelt.“ Man sollte sich stets vor Augen führen, dass sich im Internet und auf Social Media grundsätzlich jede und jeder zu Gesundheitsthemen äußern könne – egal, ob die fachliche Kompetenz dafür vorliege oder nicht. „Was von seriösen Medfluencern als wichtige Hilfestellung und Patientenaufklärung gedacht ist, birgt bei selbst ernannten Gesundheitsexperten Risiken – von falschen Diagnosen bis hin zu gesundheitsgefährdenden Empfehlungen“, beklagt Dreyer. „Wenn ich etwa als Arzt lese, dass dubiose Medfluencer hoch dosierte Vitamin-Infusionen als Ersatz für eine Chemotherapie empfehlen und vermarkten, dann ist das einfach nur gefährlich und verantwortungslos.“

Wer auf Social Media seriös ist und wer nicht, sei für Laien kaum zu unterscheiden. Das sei schon allein deswegen der Fall, weil sich viele Medfluencer „Doc“ nennen würden, die weder einen Doktortitel besitzen, noch über ein abgeschlossenes Medizinstudium verfügten. Auch weitere ungeschützte Titel oder Berufsbezeichnungen wie etwa „Gesundheitscoach oder Gesundheitsprof“ würden von Fake-Medizinern genutzt.

Eine Überprüfung der Angaben hinter den Accounts finde über die Plattformbetreiber nicht statt. Gütesiegel für vertrauenswürdige Accounts im Gesundheitsbereich gebe es bei TikTok und Instagram bislang nicht. „Das ist bedauerlich, denn es gibt Ärztinnen und Ärzte, die es sich als Medfluencer zur Aufgabe gemacht haben, für Gesundheitsthemen zu sensibilisieren, Wissenslücken zu schließen und ein Gegengewicht zu Fake News zu bilden“, sagt Dreyer.

Die Kammer verweist darauf, dass seriöse Medfluencer eine individuelle Behandlung via Social Media schon aus Datenschutz- und Haftungsgründen ablehnten und appelliert an alle Social-Media-Nutzer, in öffentlichen Netzwerken keine Krankheitsdaten preiszugeben.