Claire Cunningham im Tanzhaus NRW Auf Krücken tanzen

Claire Cunningham wurde mit Osteoporose geboren. Aufgrund der Erkrankung ist die Schottin auf Krücken angewiesen. Nun könnte man meinen, dass dieses Handicap sie von vielem abgehalten habe. Dass Cunningham sich zum Beispiel für einen praktischen Bürojob entschieden hat, statt, sagen wir mal, Leistungssportlerin zu werden. Mitnichten. Cunningham ist vielmehr der Beweis dafür, dass alles möglich ist. Auch wenn viele da draußen vielleicht das Gegenteil behaupten.

 Claire Cunnighams jüngste Arbeit: „Thank you very much“

Claire Cunnighams jüngste Arbeit: „Thank you very much“

Foto: Anna Cervinkova

Claire Cunningham ist Choreografin und Tänzerin. Sie tritt auf Krücken auf, integriert die Werkzeuge in ihre Stücke. Ihre künstlerische Arbeit ist von der Auseinandersetzung mit ihrer Körperlichkeit und dem Gebrauch ihrer Krücken geprägt. Indem sie deren ursprünglichen Zweck erweitert, schafft sie mit ihnen als Partner und Agent eine eigene Bewegungstechnik. Dabei versteht sie ihre Kunst, die ihrer Perspektive als Künstlerin mit Behinderung entstammt, immer auch als Aktivismus.

Ihre Choreografie „Give Me a Reason to Live“ aus dem Jahr 2014 basiert auf der Darstellung von „Krüppeln“ (damals sagte man das vermutlich noch so) im Werk des niederländischen Malers Hieronymus Bosch. Die Arbeit war Cunninghams künstlerischer Protest gegen die Kürzungen der britischen Mittel und gegen das Nazi-Euthanasie-Programm gleichermaßen.

Ihre jüngste Arbeit kommt zwischen dem 11. und 13. Oktober auf die Bühne des Tanzhaus NRW. „Thank you very much“, so der Titel, entführt die Besucherinnen und Besucher in die glitzernd-mysteriöse Welt der professionellen „Tribute Artists“. Tribute Artists nennt man die Doubles bekannter Popstars, die den Größen des Showbusiness Tribut zollen, in dem sie ihre Gestik, Mimik, Stimme und Kostüme bis ins kleinste Detail nachahmen. In Cunninghams Bühnenstück werden diese Imitatoren ausschließlich von renommierten Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderung dargestellt. Auf diese Weise thematisiert die Schottin Fragen rund um Identität, Akzeptanz und nicht zuletzt die Herausforderung, man selbst zu sein. Das Vehikel Tribute Artists scheint für die Thematik nahezu perfekt geeignet: In glitzernden Kostümen nimmt Cunninghams Ensemble den Mythos des idealen Körpers kurzerhand auseinander.

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