Düsseldorfer Farbenspiele - Die Rathauskolumne Fifty Shades of Ampel oder: Wer macht's mit wem?

Stadtratssitzung in Düsseldorf oder die Frage: Wer macht's eigentlich mit wem? Politisch natürlich! Zur Erinnerung: Es regiert eine Ampelkooperation aus Grünen, FDP und SPD. Von partnerschaftlicher Harmonie allerdings ist das so weit entfernt wie bei den meisten deutschen Familien an Weihnachten.

Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/ Ingo Lammert

Es herrscht ein lustvolles Gegeneinander.

Da stürmt der jugendliche Heißsporn Philipp Tacer (SPD) zwischendurch mal die Pressebank, um in konspirativer Stimmlage zu verkünden: Marie-Agnes Strack-Zimmermann müsse gerade eigentlich im Deutschen Bundestag sitzen. Als verteidigungspolitische Sprecherin der FDP. Da wird gerade abgestimmt. Sie verstehen.

Dabei hat die Pressebande gerade ganz andere Themen. Eine Promillefahrt - das ist was Deftiges. Wen interessiert Berlin, wenn es um Düsseldorf geht? Und da geht's um ein Dauerstreitthema: RRX - der Rhein-Ruhr-Express. Einig sind sich alle: Die neue Bahnverbindung ist gut und wichtig für Düsseldorf.

Beim Thema Lärmschutz allerdings wird es ziemlich laut. Es geht konkret um Angermund. Tunnel, Einhausung, Lärmschutzwand? Die Deutsche Bahn entscheidet zwar, doch Düsseldorfs Politiker geben eine Empfehlung.

Vorschlag von Andreas Auler (CDU): Noch einmal Geld an die Hand nehmen - die Rede ist von ca. 150.000 Euro. Damit könne im Detail die Möglichkeit einer Einhausung untersucht werden. Das habe man nicht konsequent fortgesetzt. Den Zeitaufwand sieht Auler gut investiert: "Das was gebaut oder nicht gebaut wird, werden wir vermutlich in den nächsten 100 Jahren nicht mehr anfassen."

Es folgt ein Vorschlag der SPD: "Deutliche Optimierung des Ansatzes der Deutschen Bahn", sagt Martin Volkenrath. Als Vertreter aller Bürger spricht sich Ulf Montanus von der FDP gegen die Angermunder Einhausung aus - Grundwasserprobleme und sieben Jahre Bauzeit. Mit dem Vorschlag der Bahn will sich Norbert Czerwinski von den Grünen nicht zufrieden geben.

Und überhaupt: Schuld an der ganzen Misere sind eigentlich diese CSU-Bundesverkehrsminister. Können wir verstehen. Die irritieren uns auch immer.

Die Stimmung dreht hoch, als CDU-Fraktions-Chef Rüdiger Gutt zum Generalangriff ansetzt. Natürlicher Feind ist - wie immer - die Ex. Der Neuenhaus von der FDP habe sich so an die Ampel angepasst, dass vom liberalen Denken nichts mehr übrig sei. Der Gutt habe eine volle Hose mutmaßt daraufhin Strack-Zimmermann im Angriffs-, nicht im Verteidigungsmodus.

Während die Presse noch überlegt, ob die Anspielung auf die Hose ein Fall für #metoo werden könnte, klärt Gutt auf: "Solche Zwischenrufe in Berlin könnten zu Rügen führen!" Na, deswegen ist sie ja auch lieber in Düsseldorf... Ungeahnten Beistand für die CDU gibt's von den Linken. "Es kommt ja nicht oft vor, dass wir einem Vorschlag der CDU folgen. Aber dieser Vorschlag gibt uns Zeit!" Angelika Kraft-Dlangamandla wird gerne von den anderen Parteien maximal amüsiert zur Kenntnis genommen. Auch weil man die Linke demonstrativ nicht ernst nehmen möchte.

Dabei darf man ihr jenseits aller Weltanschauung auch mal Respekt zollen. Denn auch die fiesesten Sprüche kontert sie liebenswert, bleibt stets sie selbst mit rheinischem Zungenschlag und vermittelt glaubwürdig, nicht für sich selbst, sondern tatsächlich für Menschen, die Unterstützung benötigen, einzuspringen. In diesem Fall für Bürger in Angermund und gegen eine (Lärmschutz-)Mauer.
Am Ende beschließt die Ampel: Kein Tunnel, keine Einhausung. Stattdessen aufgerüschte Lärmschutzwände.

Die SPD jagt noch am gleichen Abend eine Pressemitteilung raus. Man habe dafür gesorgt, dass die Angermunder Bürger nun den bestmöglichen Lärmschutz bekommen werden. Haben die Bürger nur wieder einmal nicht verstanden. "Wir sind fassungslos", sagt nämlich Elke Wagner von der Bürgerinitiative Angermund in der Lokalzeit. Sie sei davon ausgegangen, dass der Stadtrat die Interessen der Bürger vertrete. Die Politik habe einen schweren Schaden in Sachen Glaubwürdigkeit erhalten."

Und die Ampel? Kloppt sich noch ein bisschen. Diesmal um Wohnungen in Düsseldorf, die zweckentfremdet werden als Touristen-Buden. Eine Wohnraumschutzsatzung soll her. Die Liberalen wollen dazu demnächst einen umfassenden Vorschlag machen, im Augenblick aber nichts reglementieren. Auch die CDU wollte nicht.

"Es ist fahrlässig, dass CDU und FDP diesen Schritt blockieren und den Mieter*innen in Düsseldorf damit schaden", heißt es anschließend in der Pressemitteilung der Grünen. Dabei hätte es für eine Mehrheit womöglich gereicht. Nur nicht mit den richtigen Stimmen. Man wolle nicht mit den undemokratischen Parteien im Rat gemeinsame Sache machen, ist aus der Ecke der Grünen zu hören. Das gute alte Tour de France-Trauma.

Uns gefällt ja auch nicht jeder, der in diesem Stadtrat sitzt, aber: Partei - Rat - undemokratisch. Finde den Fehler! Weil eine Mehrheit durch rechte Stimmen nicht auszuschließen war, gibt's jetzt erst einmal keine Wohnraumschutzsatzung.

Und das, obwohl Oberbürgermeister Thomas Geisel es sogar mit einem flammenden Appell an seine Ampel und an die CDU versucht hatte. Die Liebe unter den Partnern dürfte damit nicht zärtlicher geworden sein...

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