Der Held von St. Lambertus

Es ist zwischen 10 und 11 Uhr morgens, als am 11. Januar 1815 ein heftiges Gewitter über Düsseldorf tobt. Und der Blitz schlägt ein.

Der Einschlag verursacht einen Brand in der Spitze des Turms von St. Lambertus. Doch während heute innerhalb von acht Minuten die Düsseldorfer Feuerwehr mit ihrer hoch technisierten Ausrüstung anrücken würde, gab es damals vor allem Eimer mit Wasser, mobile Spritzen und eine Verpflichtung für jeden Handwerker, Löscharbeiten eigenhändig durchzuführen.

Der Kirchtum brennt also an diesem 11. Januar. Die Gefahr: Der Brand könnte aufs Kirchenschiff übergreifen. Für uns gelten Feuerwehrleute heute als Helden. Sie sind Menschen, die ihr Leben einsetzen, um andere zu retten. Und das von Berufs wegen. Man kann also erahnen, wie wenig heldenhaft die ganz normalen Düsseldorfer im 19. Jahrhundert gewesen sein dürften, wenn es darum ging, Brände zu löschen.

Am 11. Januar 1815 gibt es allerdings einen Mann, der sich ein Herz fasst. Der Schlossermeister Josef Wimmer, geboren 1781, schnappt sich Axt, Säge und einen Gehilfen, um den Turm aufzuschlagen und die Spitze abzuhauen. "Er stand im Feuer und Rauch und im träufelnden Bley", schreibt der "Rheinische Merkur" vom 22 Januar.

Pikanterweise hatte Wimmer ein Jahr zuvor Arbeiten an der Kirche verrichtet, bei denen es zum Streit mit dem Auftraggeber wegen der Bezahlung kam.

"Indeß aber wäre das Feuer und das Bley auf die Hände gefallen, und der Rauch ihn habe ersticken wollen, dann habe er zu sich gesagt: Jesus Maria, die armen Nachbarn können doch nicht davor", heißt es weiter im "Rheinischen Merkur". Seine Heldenhaftigkeit und fromme Gutherzigkeit muss Wimmer teuer bezahlen. Seine Hände werden bei dem Rettungseinsatz so schwer verletzt, dass er sein Schlosserhandwerk nicht mehr ausüben kann. Josef Wimmer wird ein Fall für die Fürsorge.

Eine erste Geldsammlung 1815 sorgt zunächst für Hilfe. Später wird Wimmer im städtischen Dienst arbeiten. Im Juni 1860 stirbt er mit 79 Jahren an einem Schlaganfall.

Unter großer Anteilnahme wird der Held von St. Lambertus am 2. Juli 1860 auf dem Bilker Friedhof beigesetzt. Eine Ehrentafel, die 1955 von den Bilker Heimatfreunden aufgestellt wurde, erinnert an ihn. Wie die Josef-Wimmer-Gasse, die in den Burgplatz mündet.

Und jener Zylinder voller Bleispritzer, den Josef Wimmer am Tag des Brandes trug. Er wird in der Schatzkammer von St. Lambertus aufbewahrt. Der Düsseldorfer Historiker Dr. Ulrich Brzosa hat die Ereignisse in einer 25-seitigen Broschüre unter dem Titel "Donner, Blitz und Feuer - Der Turmbrand von St. Lambertus im Jahre 1815" dokumentiert. Die Broschüre gibt Einblicke in das Feuerlöschwesen jener Zeit, und zeigt historische Aufnahme aus der Zeit der Jahrhundertwende.

(City Anzeigenblatt Duesseldorf)