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Fortuna: Ein 7:1 als Lehre fürs Leben

Fortuna : Ein 7:1 als Lehre fürs Leben

Er ist einer der erfolgreichsten deutschen Comedians, in Düsseldorf zur Schule gegangen, startete hier mit seinem damaligen Partner Frank Küster seine Bühnenkarriere und lebt in der Nachbarschaft in Ratingen.

Am 16. Dezember zeichnet Dieter Nuhr in der Tonhalle seinen TV-Jahresrückblick auf. Exklusiv für den Düsseldorfer Anzeiger wird er hier heute schon tätig...

Herr Nuhr, das Jahr neigt sich dem Ende zu. Wenn sie so zurückschauen, was waren für sie die Themen des Jahres?
Die Weltmeisterschaft natürlich und der erste Platz im Machetefuchteln für den Islamischen Staat. Es war nicht alles erfreulich.

Und wer hätte gedacht, dass Herr Putin noch mal so groß als Europas Schurke rauskommt?
Der Mann, der sich jährlich mit nacktem Oberkörper auf dem Pferd fotografieren lässt und trotzdem den großen Schwulenfeind raushängen lässt. Fragen Sie einen Psychologen, da bekämpft einer ungeliebte Selbstanteile. Die größten Lautsprecher bekommen heutzutage die meiste Presse, das ist nun mal so...

Steht seine Ukraine-Politik in guter sowjetischer Tradition?
Die ist eher ultrarechts als ultralinks, minderheitenfeindlich, nationalistisch, militaristisch. Aber links und rechts sind ja häufig nicht ganz leicht zu unterscheiden...

In wie weit haben wir an der Situation eine Mitschuld?
Überhaupt nicht. Dass sich demokratische Staaten von Estland bis Polen und möglicherweise irgendwann auch mal die Ukraine gerne per EU und Nato gegen Osten absichern möchten, halte ich für sehr verständlich, angesichts der historischen Erfahrungen. Dass das einem aggressiven Nationalstaat wie Russland nicht passt, ist ebenfalls klar. Und dass ausgerechnet die Linke das geostrategische Interesse der russischen Nationalisten höher bewertet als das Selbstbestimmungsrecht der Völker, ist da schon überraschend.

Zum Konflikt mit verblendeten Islamisten...
Ja, das Mittelalter ist zurück. Und wer dagegen mit Menschenrechten argumentiert, muss sich islamophob nennen lassen. Das ist ein interessanter Punkt. Mich hat dieses Jahr ein Hassprediger als Hassprediger angezeigt. Da habe ich sehr gelacht. Es gibt also auch Fundis mit Humor.

Wobei wir in Deutschland mit den Hogesa (Hooligans gegen Salafisten) auch sehr gut aufgestellt sind, oder?
In der Tat. Hooligans gegen Salafisten klingt wie Pest gegen Cholera. Ich denke, man sollte an den Stadträndern Gummizellen aufstellen, wo die sich untereinander prügeln können. Dann wäre es auch beim Fußball schöner.

Das wichtigste Ereignis 2014 war aber wohl der Gewinn der Weltmeisterschaft. Wie haben sie das Finale erlebt?
Als Akt der Erleuchtung. Ich habe auf dem Klo während der Unterbrechung vor der Verlängerung Götze als Siegtorschützen angekündigt und glaube nun, dass ich seherische Fähigkeit besitze. Seitdem tippe ich wieder alles falsch. Aber wurscht. Hauptsache gewonnen.

Jogi Löw hat dann wohl trotz aller Kritik alles richtig gemacht.
Sieht so aus. Vier Innenverteidiger und der Torwart als Libero. Da kommt sonst keiner drauf. Prima der Mann.

1:7 gegen Brasilien und das bei denen zu Hause. Das war mal eine Ansage.
Das war ein Spiel, nach dem man eigentlich nie wieder Fußball gucken sollte. Ein taktisches Fest. Und eine Lehre fürs Leben. Hochmut kommt vor dem Fall. Und diese brasilianische Pathetik, vor jedem Spiel weinend den Fußballgott zu beschwören, ersetzt eben dann doch nicht die taktische Disziplin. Man hat auch viel über die Deutschen gelernt. Denen war es spätestens nach dem 4:0 peinlich. Eigentlich sehr ehrenwert, aber ich glaube: Ein 7:1 muss man feiern, sonst macht das Spiel keinen Sinn.

Löw wird nun in einem Atemzug mit dem Kaiser genannt. Ist das gut oder schlecht?
Für wen? Jeder ist gut in seiner Zeit. Heute kommt man mit der Taktik "Geht raus und spielt's Fußball" nicht mehr zum Titel. Beide haben alles richtig gemacht.

Entgegen Frau Merkels sonstiger Zurückhaltung zeigte sich die Kanzlerin beim WM-Sieg ja sehr euphorisch. Hatten sie damit gerechnet?
Das ist die einzige Emotion, die wir von ihr kennen. Beim Fußball rutscht sie von der Fingerraute in den rechtwinkligen Armheber. Herzlichen Glückwunsch, wenn man sich so gehen lassen kann.

Oder tut man Frau Merkel Unrecht wenn man ihr bescheinigt, dass sie 2014 die Weltmeisterin Aussitzen war?
Sie hat ja erstmal der SPD den Vortritt gelassen. Und die Umfragewerte beweisen: Sie macht genau, was der Wähler will. Die haben noch jeden belohnt, der nicht durch Aktivismus auffällt. In der Politik gilt: Wer sich bewegt hat schon verloren. Das hat sie verinnerlicht.

Sonst lief 2014 für sie und Herrn Gabriel ja alles sehr harmonisch. Wann erwarten Sie das Liebes-Outing oder sogar die Hochzeit?
Ich glaube, das ist eher so ein Sadomaso-Ding. Dass die freiwillig kuscheln, kann ich mir nicht vorstellen.

Schauen wir auch noch mal auf das 2014 für Düsseldorf zurück. Die Stadt hat einen neuen Oberbürgermeister. Geht das klar für sie?
Klar. Er ist ja frei gewählt worden. Ich habe allerdings nicht mitwählen dürfen. Ich bin ja außerhalb gemeldet.

Hatten sie Mitleid mit Dirk Elbers?
Mitleid? Ich habe nicht viele Menschen weinen sehen. Und ich weine eigentlich meistens, wenn alle weinen, im Kino oder bei Fortuna.

Was erwarten Sie von Thomas Geisel?
Hohe Erwartungen führen eigentlich im Leben immer zu Enttäuschungen. Nur wer buddhistisch gereift erkennt, dass er gar nichts erwarten sollte, wird Leid vermeiden. Das habe ich im Ladakh gelernt und wende es gern auch in Düsseldorf an.

Ein weiteres Thema war in Düsseldorf der Joachim-Erwin-Platz Wie schockiert waren sie, dass der Platz vor den Bilker-Arkaden nach Erwin benannt werden sollte?
Er hat immerhin mit bloßen Händen ganz allein das schöne Stadion gebaut. Ich war begeistert. Obwohl neulich rauskam, dass auch Bauarbeiter mitgeschuftet haben. Skandalös.

2014 war aber auch ein Kulturjahr. Helge Achenbach wird Betrug und Urkundenfälschung vorgeworfen. Klassisch verzockt oder?
So ist das, wenn man sein Vermögen anderen anvertraut. Wer sich seine Kunst von Dritten kaufen lässt, sollte sich nicht wundern. Der Kunstmarkt ist ja kein Sparbuch.

Und was sagen sie zu den Warhols die das Land verkauft hat?
Ich hätte sie auch gerne genommen, die hätten super bei uns reingepasst. Im Casinokeller fand ich sie ohnehin nicht angemessen repräsentiert. Von den 100 Millionen kann das Land jetzt wieder ein paar sinnlose Kreisverkehre bauen und dann beteuern, dass für Rheinbrücken kein Geld mehr da ist. Das ist doch prima.

Zum Schluss noch das wichtigste Thema überhaupt: Fortuna Düsseldorf. Sieht doch ganz gut aus für unsere Jungs oder?
Na, ob das gut aussieht, wage ich erst am Saisonende zu sagen. Ein 0:2 in Aalen oder 1:3 gegen Sandhausen lassen befürchten, dass da schon wieder Selbstgefälligkeit eingekehrt ist. Auf der linken Backe werden sie es nicht packen.

Hätten sie damit gerechnet, dass "Pannen-Olli" die Mannschaft so im Griff hat?
Nein.

Und in der Relegation geht's dann wieder gegen Hertha?
Das wollen wir nicht hoffen. Ich würde Herrn Preetz ungern wieder jammern sehen.

Abschließend - wie war persönlich ihr Jahr?
Danke bestens. Ich war in Äthiopien, Myanmar, Indien, auf Tournee und viel gut gelaunt. Wäre schön, wenn alles so bliebe.