Düsseldorfer Farbenspiele - Die Rathauskolumne Hohle Püppchen, freche Mädchen

Jetzt tanzen alle Puppen, macht auf der Bühne Licht, macht Musik bis der Schuppen wackelt und zusammenbricht. Jetzt kommt die sensationellste, blödelhafteste, muppetionellste… Oh, Verzeihung, jetzt kommt natürlich die letzte Ratssitzung des Jahres und nicht die Muppetshow.

 Ein schweres Geschütz, das die CDU da in der letzten Sitzung des Stadtrates 2017 aufgefahren hatte: Matroschka-Püppchen.

Ein schweres Geschütz, das die CDU da in der letzten Sitzung des Stadtrates 2017 aufgefahren hatte: Matroschka-Püppchen.

Foto: ho

Aber wer sich noch an Kermit & Co. erinnert, wer die Augsburger Puppenkiste als Kind erlebt hat, weiß: Jedem Puppenspiel wohnt ein Zauber inne.
Und so präsentiert CDU-Fraktions-Chef Rüdiger Gutt nicht einfach eine Etatrede. Nein, er sagt's mit Puppen. Genauer gesagt: Mit russischen Matroschkas.

Das sind diese leicht kegelförmigen, hohlen Holzfiguren, die eine in der anderen stecken und zusehends kleiner werden. Mit großer Freude erläutert Gutt anhand der hohlen Püppchen die - wie er sagt - Nebelkerzen-Strategie der Rathaus-Ampel: "Die Taktik gleicht den russischen ' Matroschka‘-Puppen, die bekanntlich aus vielen Unterpuppen bestehen: Immer wenn man glaubt, den Haushalt zu kennen, erscheint ein neues Veränderungsverzeichnis. Die ganze Wahrheit erfährt die Politik dann erst am Schluss. Entweder als Überraschung oder als Mogelpackung."

Ein magischer Moment, als Gutt das erste Püppchen aus der Tasche zaubert. Ein Fuchs, dieser Puppenspieler. Stehen die Matroschkas doch eigentlich für Fruchtbarkeit und Mütterlichkeit. Aber der CDU-Chef ist nicht nur Puppenspieler, er entpuppt sich auch als Stilikone. Dem Oberbürgermeister attestiert er schlechten Stil. Etwa bei der Finanzierung der Tour de France. Gutt weiß: Es gibt nicht nur einen Haushalt. Nein, es gibt zwei. Einer mit Geld — und ein "Vertrauenshaushalt". Die Unterscheidung ist geradezu stilbildend.

Natürlich bekommt Intimfeind Markus Raub noch ordentlich einen mit: "Eingezwängt im Schraubstock zwischen Loyalität und Machterhalt müssen Sie jede Grenzüberschreitung Ihres Oberbürgermeisters mühsam übertünchen oder geduldig kleinreden."

Die Ampel will dem Charme der Puppen nicht so recht erliegen. Sie hat einen starken Gegenzauber: Die gelb-rot-grüne Null. Der Haushalt 2018 ist ausgeglichen. Markus Raub keilt trotzdem ein bisschen zurück. In der CDU habe man ja eh keine gemeinsame Linie.

"Ich muss immer grinsen, wenn die beiden ehemals großen Parteien sich gegenseitig vorwerfen, was alles in den letzten Jahren falsch gelaufen ist…" Da hat Manfred Neuenhaus von der FDP ja nicht so unrecht. Seine Haushaltsrede: Besonnen, sachlich und sympathisch. Nur das Märchen von der Schuldenfreiheit, das glauben wirklich nur noch die Liberalen selbst. Aber ähnlich wie beim Puppenzauber, gilt hier sicherlich immer noch Bruno Bettelheims Devise: Kinder brauchen Märchen. Und Politiker bisweilen auch.

Manchmal reicht aber auch ein simpler Trick. Der verstorbene Oberbürgermeister Joachim Erwin beherrschte ihn aus dem Effeff: Er besetzte die Themen der Opposition und ließ so gerne die SPD am ausgestreckten Arm verhungern. Thomas Geisel dreht den Spieß um. War das Thema Stadtsauberkeit in den vergangenen Jahren eher keines, darf sich Düsseldorf jetzt aufs Großreinemachen freuen.

Mit dem Thema wollte die CDU groß rauskommen. Der OB war schneller. Sogar abgeschrieben haben soll er bei den Christdemokraten. Das ist nun wirklich zum sich an der Wildkrautbürste schrubben. Den Bürgern dürfte das völlig wurscht sein, solange man sich endlich kümmert. Die Sache mit dem Müll erhitzt noch einmal die Gemüter. Und dann endlich: Showtime.

Befürchtungen, FDP-Frau Marie-Agnes Strack-Zimmermann könnte noch von Jamaika in Berlin träumen, oder gar von einem Puppenhaus, wurden doch noch eines Besseren belehrt, als sie zum Gegenschlag gegen den CDU-Chef ansetzte. "Wenn man heute Ihre Haushaltsrede gehört hat, konnte man — was Müll angeht — viel lernen." Ja, Worte können Waffen sein.

Alle wollen eine saubere Stadt, nur bezahlbar müsse es sein. Und soziale Kontrolle findet Strack-Zimmermann auch viel besser als städtische Müll-Detektve, die den Schmutzfinken hinterher spionieren. "Wenn jemand den Haufen seines Hundes nicht wegmacht, sollte man ihn ansprechen. Wenn Leute ihre Kippen auf den Boden schmeißen, muss man Courage zeigen." Können wir uns bei Strack-Zimmermann lebhaft gut vorstellen. Gute Mädchen bekommen ein Puppenhaus, freche Mädchen gehen in die Politik und vielleicht sogar ins Rennen um den Düsseldorfer Oberbürgermeister-Posten…

Übrigens: Gemeinsam stimmten alle Fraktionen dafür, das Puppentheater Helmholtzstraße finanziell zu unterstützen. Zauberhaft. Schönes Fest.

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