Stay sucht Spender Hilfe für ein neues Leben

Die Themen Flucht und Migration sind spätestens seit 2015 in aller Munde. Ganz gleich, ob es sich um den Krieg in Syrien handelt, die zahlreichen Ertrinkenden im Mittelmeer oder um die rechtspopulistische Hetze der AfD – viele Gespräche über die politische Situation in Deutschland landen früher oder später beim Thema Geflüchtete.

 Nicole Tauscher (Mitte) und Kollegen beim Beratungsgespräch in den Räumen von Stay.

Nicole Tauscher (Mitte) und Kollegen beim Beratungsgespräch in den Räumen von Stay.

Foto: Stay e.V.

Der Düsseldorfer Verein Stay arbeitet bereits seit 2008 mit Menschen, die ihre Heimat aus unterschiedlichen Gründen verlassen haben, um sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. Die Arbeit des gemeinnützigen Vereins ist zu einem beträchtlichen Teil spendenfinanziert. War die Spendenbereitschaft noch in 2015 extrem hoch, verzeichnet man mittlerweile einen Einbruch, der für die Initiative zuletzt einmal mehr existenzbedrohend war. Das Angebot von Stay reicht dabei von Sozial- und Rechtsberatung über medizinische Versorgung von papierlosen Menschen und die Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten bis hin zu schneller, unbürokratischer Hilfe. Jemanden zur Ausländerbehörde begleiten. Jemandem einen Bescheid vom BAMF erklären. Oder einfach mal Lebensmittel einkaufen, wenn der Hunger groß ist.

Nicole Tauscher hat Stay 2008 mitgegründet. Die 47-jährige Sozialarbeiterin sitzt in dem kleinen Ladenlokal auf der Hüttenstraße, das dem Verein seit seinen Anfängen als Räumlichkeit dient. An der Wand: ein „Refugees Welcome“-Banner. 2015 hätten den Slogan wohl noch die meisten Deutschen unterschrieben. Vier Jahre später hat sich die Stimmung im Land gedreht. Kaum jemand weiß das besser als Nicole Tauscher und ihre drei Kollegen. Abgesehen von der medizinischen Hilfe für Papierlose, die das an Stay angeschlossene Düsseldorfer MediNetz leistet und deren Kosten von der Stadt Düsseldorf übernommen werden, finanziert sich das Angebot des Vereins über Spenden.

An fünf Tagen in der Woche bietet Stay eine offene Sprechstunde an, zu der man ohne Termin erscheinen darf. Einmal wöchentlich können sich Geflüchtete außerdem von einem Rechtsanwalt beraten lassen. Der auf Aufenthalts- und Asylrecht spezialisierte Jurist ist ehrenamtlich für den Verein tätig. „In der Sozial- und Rechtsberatung sprechen wir überwiegend mit Menschen mit aufenthaltsrechtlichen Problemen. Sie haben oft nur noch eine Duldung und sind eigentlich ausreisepflichtig“, erklärt Nicole Tauscher. Darüber hinaus kümmert sich Stay um die Belange von „Papierlosen“. Das Wort Illegale, das viele für diese Gruppe verwenden, vermeidet Tauscher in dem Zusammenhang bewusst. „In den vergangenen Jahren hat sich unter diesen Menschen herumgesprochen, dass es bei uns keine Polizeikontrollen gibt, dass keine Daten weitergegeben werden“, so Tauscher. Manche der „Papierlosen“ leben erst seit einigen Monaten in Deutschland, es gebe aber auch welche, die schon 20 Jahre hier sind. Diese Gruppe muss notgedrungen ohne staatliche Hilfen auskommen. Sie arbeiten häufig in Privathaushalten, als Putzfrauen, Nannys oder Gärtner. Aber auch in der Gastronomie oder auf dem Bau sei es durchaus üblich, Papierlose zu beschäftigen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit von Stay sind unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Was diese Gruppe betrifft, gehe es neben der Beratung im Hinblick auf Ausbildung und berufliche Perspektiven in Deutschland auch um gemeinsame Freizeitaktivitäten. Das kann ein Besuch im Stadion sein, im Kino oder auf der Kirmes. Oder ein Projekt wie die No Border Band, die Stay gemeinsam mit dem zakk und SJD – Die Falken gegründet hat und die ausschließlich aus jugendlichen Geflüchteten besteht.

All das auf die Beine zu stellen, kostet natürlich Geld. 120.000 Euro braucht der e.V. pro Jahr, um das Angebot jenseits der medizinischen Versorgung des MediNetz aufrechtzuerhalten. 2015 war es noch vergleichsweise einfach, diese Summe einzuwerben: „Damals kamen Düsseldorfer Unternehmen von sich aus auf uns zu, um zu spenden“, erinnert sich die Sozialarbeiterin. Sich für Geflüchtete einzusetzen, gehörte zu der Zeit zum guten Ton. Und das nicht nur bei Firmen, sondern auch bei Privatleuten. Nach den sexuellen Übergriffen auf der Kölner Domplatte in der Silvesternacht 2015/16 brachen die Spenden allerdings stark ein. „Das Thema Geflüchtete war von da an sehr negativ behaftet“, sagt Tauscher. Die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit Geflüchteten lauteten für viele Menschen von nun an: Wann gehen die wieder zurück? Was kosten die? Und natürlich bei Übergriffen: Welche Nationalität hatten der oder die Täter? Auch bei Stay gingen wütende Mails ein. Tenor: Was für Verbrecher unterstützt ihr da eigentlich?

Ende 2019 hat sich die finanzielle Situation nur unwesentlich verbessert. Mehr als einmal drohte Stay das Aus, zuletzt vor einigen Monaten. Deshalb macht man derzeit wieder verstärkt darauf aufmerksam, dass man auf Spenden angewiesen ist. Erste Erfolge lassen hoffen: Das zakk stiftete die Einnahmen des diesjährigen Edelweißpiraten-Festivals komplett an Stay. Und gerade startet eine neue Plakat-Kampagne für die Flüchtlingsinitiative.

„Die werden dieser Tage gerade gehängt“, erzählt Tauscher. Ob sie was bringen? Sie hofft es, natürlich.

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