Agit-Prop Dead Kennedys im Zakk

Die Zeichen standen mächtig auf Sturm: Schon ihre erste Single, erschienen 1979 auf ihrem eigenen, damals neu gegründeten Underground-Label „Alternative Tentacles“ und rund 6.000 Mal verkauft, war purer Sprengstoff. „California Über Alles“ hieß die und versetzte das Mutterland der Band, die Vereinigten Staaten von Amerika, gleich bei Erscheinen in Rage.

 Alte Haudegen: Die aktuelle Besetzung der Dead Kennedys kommt auf Tour und sorgt für mächtig Dampf in den Gassen.

Alte Haudegen: Die aktuelle Besetzung der Dead Kennedys kommt auf Tour und sorgt für mächtig Dampf in den Gassen.

Foto: Düsseldorfer Anzeiger/Dead Kennedys

Ein Affront, eine Ungeheuerlichkeit, prophezeit der Text des Stückes aus der Sicht des damaligen kalifornischen Gouverneurs Jerry Brown doch eine „hippie-faschistische Zukunft“. Und überhaupt: Was sich die vier Musiker aus San Francisco, Kalifornien, mit ihrem Bandnamen erlaubten, galt einst als Skandal.

Denn in einem Land, in dem die Familie Kennedy als eine der mächtigsten und einflussreichsten Familien überhaupt gilt, ist schon der Name „Dead Kennedys“ eine kaum zu überbietende Provokation. Allein damit zogen die fünf Gründungsmitglieder Jello Biafra, East Bay Ray, Klaus Flouride, 6025 und Bruce Schlesinger ungehobelten Groll auf sich, verunglimpften sie doch alles, was Amerikaner bis dahin gemeinhin als wichtig erachteten.

Und während die Ramones von der anderen Küstenlinie der Vereinigten Staaten eher apolitisch unterwegs waren, gelten die Dead Kennedys bis heute als zynischer Gegenentwurf: erfrischend politisch und dabei nicht weniger laut.

Bereits ihre ersten beiden Veröffentlichungen, sowohl die zuvor erwähnte Single „California Über Alles“ als Attacke gegen die Regierung des sonnigen Bundesstaates, als auch der Nachfolger „Holiday In Cambodia“, eine zynische Abrechnung mit dem amerikanischen Krieg in Südostasien, erheben die Dead Kennedys bei Konservativen und auch den nicht minder konservativen Christen schnell in den Rang des kommunistischen Staatsfeinds Nummer Eins.

Das scheint zu gefallen, denn schnell avanciert die Band zu einer der einflussreichsten des amerikanischen Undergrounds und generierte fleißig weitere Anhänger. Nicht allein in den USA, auch in Europa tourte die Band während der 1980er-Jahre konstant und erschloss so auch hier zahlreiche Fans der sarkastischen Vier. Nach der Veröffentlichung des sechsten Langspielers „Bedtime for Democracy“, insgesamt sieben Singles und zahlreichen weiteren Skandalen mit weitreichenden Folgen, darunter angedrohten Gefängnis- und Geldstrafen, löste sich die Band gegen Ende des Jahres 1986 schließlich auf.

Heute, über 30 Jahre später, scheint die Zeit erneut reif zu sein für die Kennedys. Die Zeichen stehen wieder auf Sturm, denn noch immer ist nicht alles gut, noch immer besteht akuter Handlungsbedarf. Und so verwundert es nicht, sondern erfreut vielmehr, dass sich die Herren erneut auf den Weg in die Clubs und kleinen Hallen machen.

Und so werden auch ihre aktuellen Auftritte erneut laute und überdrehte Agit-Prop-Veranstaltungen mit unglaublich schneller Musik. „Die alte Gewalt, aber auch der Humor und die Haltung – alles war wieder da, als wäre keine Sekunde vergangen, seit Ronald Reagan Präsident der USA war“, erklärt die Band ihre neue alte Wut und die Freude daran, wieder auf Tour zugehen. Denn nicht nur ihre Songs, auch die Herren selbst haben kein bisschen ihrer politischen Relevanz verloren. Und auch nichts von ihrem musikalischen Druck.

Dead Kennedys standen immer schon für Geschwindigkeit und Komplexität. Und bis heute für Moshpit und Meinungsfreiheit, Humor und Hardcore, Punk und Politik.

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