Bilker Café-Betreiber macht Ernst Kampf dem Kaffeebecher

Spätestens seitdem Kaffeehausketten nach amerikanischem Vorbild in deutschen Innenstädten vertreten sind, wächst auch die Zahl der Menschen, die ein Heißgetränk im „Coffee-to-go“-Becher durch die Stadt tragen. 2,8 Milliarden Einwegbecher verbrauchen die Deutschen nach einer Untersuchung des Umweltbundesamtes jährlich.

Egal ob Alltag oder Partymeile: Der Plastikmüllberg, hier eine Aufnahme am Düsseldorfer Rheinufer, häuft sich und wächst unaufhörlich weiter.

Foto: Pixabay

Hinzu kommen noch einmal 1,3 Milliarden Plastikdeckel. Ein Trend, der, was das damit einhergehende Müllproblem angeht, ungebrochen scheint. Denn egal, ob die Einwegbecher tatsächlich ordnungsgemäß entsorgt oder unachtsam weggeworfen werden – weil die Becher aufgrund ihrer Zusammensetzung aus Papier und unterschiedlichen Kunststoffen nicht recyclingfähig sind, wachsen die Müllberge unaufhaltsam. Vor diesem Hintergrund geht Mario Santoro Comune, Café-Betreiber aus Bilk, neue, rigorose Wege.

Für Mario Santoro Comune ist die Sache klar: „Wer keine zehn Minuten Zeit hat, um in Ruhe einen Kaffee aus einer Porzellantasse zu trinken, der ist verloren.“ Comune betreibt das Caffè Enuma an der Brunnenstraße in Bilk. Eilige können ihren Kaffee von dort nach wie vor auch mitnehmen, doch zukünftig nicht mehr in Einwegbechern ...

Denn die, weiß der 59-jährige Café-Betreiber, sind seit Ende der 1990er-Jahre Teil des stets wachsenden Müllproblems. Die Zahlen sind alarmierend: Stündlich, so ermittelte die Deutsche Umwelthilfe (DUH), würden in Deutschland rund 320.000 Coffee-to-go-Becher verbraucht. Die Zahl der Verbraucher, die besonders häufig oder gelegentlich zu Einwegbechern greift, liegt inzwischen deutschlandweit bei 70 Prozent. Allein in Deutschland entspricht das einer Menge von jährlich 2,8 Milliarden Einwegbechern. Das entspricht 34 Bechern pro Kopf, so ermittelte das Bundesumweltamt (UBA). Hinzu kommen rund 1,3 Milliarden Plastikdeckel, die den heißen Kaffee beim Gehen im Becher halten sollen. Die stehen auf Stromkästen oder liegen in Parks – oft landen die Einwegbecher und -deckel, so das Umweltbundesamt in einer Pressemitteilung im Mai dieses Jahres, so bereits nach kurzer Zeit in der Umwelt, weil sie achtlos weggeworfen werden oder aus überquellenden Mülleimern fallen. Eine aktuelle Studie des UBA schlägt nun vor, auf Mehrwegsysteme zu setzen und einen „Litteringfonds“ einzurichten, aus dessen Mitteln die Reinigung der vermüllten Umwelt finanziert werden soll.

Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes: „Jeder Einwegbecher, der genutzt wird, ist einer zu viel. Einwegbecher verschwenden Ressourcen und verschmutzen unsere Umwelt. Mehrwegbecher sind hier der richtige Weg.“

Das Problem der Einwegbecher ist jedoch nicht allein die enorme Müllmenge, sondern auch die Materialzusammensetzung: Rund 400.000 Kubikmetern im Jahr und damit einem Füllvolumen von rund acht Millionen typischer 50-Liter-Mülleimern im städtischen Umfeld entspricht die Menge der weggeworfenen Becher und stellt damit für die deutsche Abfallwirtschaft ein großes Problem dar. Die Müllmenge beträgt bis zu 15 Prozent des Volumens der vorhandenen Abfalleimer im städtischen Bereich. Zudem – anders als die Bezeichnung „Pappbecher“ vermuten lässt _ bestehen Einwegbecher aufgrund der Beschichtung oder der Deckel teilweise oder ganz aus Kunststoff. 60 Prozent der Einwegbecher sind kunststoffbeschichtete Papierbecher, die restlichen 40 Prozent reine Kunststoffbecher. Weil tatsächlich der überwiegende Teil der To-go-Trinkgefäße aus einem verklebten Pappe- und Kunststoffanteil besteht, macht das ein Recycling der Becher unmöglich. Daneben schadet aber auch die Herstellung der Becher aufgrund der Energienutzung und dem Verbrauch von Ressourcen der Umwelt.

Mario Santoro Comune betreibt das Caffè Enuma an der Brunnenstraße in Bilk. Eilige können ihren Kaffee von dort nach wie vor auch mitnehmen, doch zukünftig nicht mehr in Einwegbechern.

Foto: Sven-André Dreyer

Eine Lösung könnten Mehrwegbecher sein: Entweder vom Geschäft ausgegeben oder selber mitgebracht, schneiden die bei entsprechend mehrfachem Gebrauch deutlich besser ab, so das UBA. Sowohl hinsichtlich der ökobilanziellen Bewertung, als auch bei der Abfallproduktion. Je öfter die Becher genutzt werden, desto besser wird die Umweltbilanz, erklärt die Studie des Umweltbundesamtes. Eine Mindestanzahl an zehn Umläufen sei notwendig, damit sich der Herstellungsaufwand des Mehrwegbechers lohne.

Dabei sei nicht das Material des Mehrwegbechers entscheidend, insbesondere der Spülvorgang bei einer häufigen Nutzung ist relevant für die Ökobilanz der Trinkgefäße. Egal ob Pfandsystem oder selbst mitgebrachte Becher: Für eine optimale Umweltbilanz sollten Mehrwegbecher ohne Einwegdeckel ausgegeben und mit Strom aus erneuerbaren Energien gespült werden, empfiehlt das UBA.

Mario Santoro Comune geht in seinem Café indes noch einen Schritt weiter: Über einen Restbestand von nun noch 250 Bechern verfügt Comune derzeit noch. Bringen Kunden bereits jetzt ihre eigenen Becher mit, rabattiert der Café-Betreiber die Getränkepreise deutlich. „Wäre der Kaffee nur 10 Cent preiswerter, würden sich viele Kunden aus Bequemlichkeit das Getränk dennoch weiterhin im Einwegbecher mitnehmen. Beträgt der Verkaufspreis aber gleich 50 Cent weniger, lohnt sich das Mitbringen des eigenen Bechers deutlich“, erzählt er. Ein Anreiz, der den Kunden, insbesondere aber auch der Umwelt zugute kommen soll.

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