Evangelische Kirche der Stadt betreibt Jugendzentrum für Gaming Zocken mit Gottes Segen

E-Sport und Gaming sind Teil der Jugendkultur, auch wenn das vielen Erwachsenen nicht passt. Um Vorurteile zu entkräften und jungen Menschen einen Raum zu geben, in dem sie ihr Hobby unter pädagogischer Begleitung ausleben können, hat das Jugendreferat der evangelischen Kirche Düsseldorf jetzt das bundesweit erste Jugendzentrum eröffnet, dessen Fokus ausschließlich auf Computerspielen liegt.

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Das Projekt ist zunächst auf vier Monate befristet. Ist es möglich, jugendpädagogische Arbeit auf Basis von E-Sport und Gaming zu leisten? Bei der Evangelischen Jugend ist man davon fest überzeugt. Nun soll der Beweis erbracht werden. „Ob in einem Jugendzentrum ein Billardtisch, ein Kicker oder eine Playstation steht, ist erst einmal das Gleiche“, sagt Nils Davidovic, Leiter der Jugendkirche.

Die Dinge seien Medien zur Gesprächsanbahnung und Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen. Durch den Schwerpunkt auf E-Games soll eine neue Zielgruppe erschlossen werden, die sich bislang eher selten in gängige Einrichtungen verirrt. Zugleich bietet der monothematische Ansatz einen Rahmen für gezielte Elternaufklärung und Präventionsarbeit.Nach zweijähriger Planung eröffnete am 8. Januar in der Altstadt das deutschlandweit erste Pop-up-Jugendzentrum „GG“ (Good Game) für E-Sport und Gaming. Pop-up deshalb, weil man zunächst evaluieren möchte, ob überhaupt Bedarf besteht und die Gäste das Konzept annehmen.

Die Resonanz war prompt beeindruckend – in den ersten vier Tagen kamen rund 200 Besucher. Konzipiert ist das Zentrum für junge Menschen zwischen zwölf und 27 Jahren, die hier alleine oder gemeinsam im Team zocken können. Ihnen stehen 15 bestens ausgestattete PCs, diverse Konsolen und zwei VR-Brillen zur kostenlosen Verfügung. Die Idee des Projekts stammt von Ben Schneider, Pädagoge am evangelischen Jugendzentrum in Oberbilk, der Gaming seinerzeit als „ein Riesending bei Jugendlichen“ identifizierte. Realisiert werden konnte das Unternehmen durch die Unterstützung des Evangelischen Kirchenkreises, des Jugendamts sowie Sponsoren.

Vorerst läuft das Ganze bis zum 30. April.Mindestens eine pädagogische Fachkraft ist immer als Ansprechpartner vor Ort, unterstützt von ehrenamtlichen Praktikanten. Ihnen gemeinsam ist, dass sie die Lebenswelt der jungen Zielgruppe verstehen und bejahen: „Alle Mitarbeiter spielen selbst und haben eine hohe Affinität zum Gaming“, sagt Nils Davidovic. „Wir bieten einen vorurteilsfreien Raum, wo man mit seinem Hobby auf Verständnis trifft.“ Gaming-Cafés hingegen seien rein kommerziell ausgerichtet. Zudem möchte man Jugendlichen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Konfession und finanziellen Mitteln die Teilhabe an einem Thema ermöglichen, das eine ganze Generation beschäftigt. „Unser Ansatz in der Jugendarbeit ist es, sie dabei zu begleiten.“

Penibel geachtet wird darauf, dass die Gamer ausreichend Pausen einlegen, doch das tun die meisten von allein. Und sollte jemand zu viel zocken, sind die Erzieher mit ihrem Background nah dran an den Jugendlichen: „Da haben wir im präventiven Bereich eine große Chance.“Streng kontrolliert wird, dass die Besucherinnen und Besucher nur solche Spiele nutzen, die auch für ihr Alter freigegeben sind; maßgeblich hierfür sind die Altersbeschränkungen der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle). Zudem gibt es eine räumliche Trennung nach Altersgruppen. Ebenfalls wurde und wird jedes Spiel von den Pädagogen geprüft.

Kann man Gewalt komplett ausblenden? Nein, weil sie Teil der E-Sport-Welt ist: Gewaltdarstellung im Rahmen der USK ist erlaubt, Gewaltverherrlichung findet keinen Platz. Das gilt auch für Spiele USK 18.Natürlich gab und gibt es kritische Gegenstimmen, PC-Gaming polarisiert extrem – Kellerkinder, sollen lieber Fußball spielen, Amok, Sucht etc. pp. Oft kämen derartige Einwände von Menschen, die sich noch nie konkret mit dem Sujet befasst haben. Auch hier möchte man Aufklärungsarbeit leisten, Ängste abbauen und für Akzeptanz werben. Fest eingeplant sind Workshops und Elternabende in Theorie und Praxis: Sollen die Eltern doch mal das Spiel spielen, das ihre Kinder so fasziniert.

„Es ist leichter, über eine Sache zu sprechen, wenn man sie selbst ausprobiert hat“, so Nils Davidovic. Eltern steht übrigens als Synonym für alle Interessierten.Auf der Kreissynode der evangelischen Kirche wurde im Vorfeld heftig über die Finanzierung des Projekts diskutiert. Davidovic: „Ich fand’s fast einen Ritterschlag, es war die knappste Entscheidung, die es für Geldmittel jemals gab.“ Zwei Stimmen weniger, „und es hätte uns nicht gegeben“. Diese Gegenstimmen müsse man ernst nehmen und sich daran messen. Natürlich gebe es immer Leute, die Gaming strikt ablehnten. Sie möchte man fragen: Wäre es besser, wenn die Jugendlichen alleine spielten?

Gaming ist längst Teil der Lebenswelt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. „Wir können es nicht verhindern und wir wollen es auch gar nicht“, sagt Nils Davidovic. „Aber wir können es gestalten, darum geht’s.“Ob aus dem Pop-up- ein echtes Jugendzentrum wird, entscheidet sich nach Ablauf der vier Monate, dann werden die Erfahrungen ausgewertet. Das Jugendamt hätte wohl nichts dagegen. „Wir nennen es jetzt mal Start-up, nicht Pop-up“, gab Stadtdirektor Burkhardt Hintzsche gut gelaunt bei der Eröffnung zu Protokoll. Nils Davidovic sieht das ähnlich: „Wir sind vorsichtig optimistisch.“

GG E-Sport & Gaming Jugendzentrum, Akademiestraße 5, Eingang auf der Seite des alten Hafenbeckens. Mi. bis Fr. 16 bis 22, Sa 14 bis 24 Uhr. www.esport-jugendzentrum.de

Was ist Ihre Meinung? Computerspielen als alleiniges Angebot im Jugendzentrum! Richtig? Falsch? Telefon 9030642. E-Mail: redaktion@duesseldorfer-anzeiger.de

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