Begegnungsreise nach Chemnitz Ost trifft West

Als am 9. November 1989 die Mauer fiel, war Klaus Backhaus nicht vor dem Fernseher, sondern bei der Wassergymnastik. Der Düsseldorfer nahm die Umbrüche eher gelassen. Er gehörte nicht zu jenen Westlern, die kurz nach dem geschichtlichen Ereignis aufbrachen, um auf der Mauer zu tanzen.

 Düsseldorfer am „Nischel“, dem Karl Marx-Denkmal in Chemnitz.

Düsseldorfer am „Nischel“, dem Karl Marx-Denkmal in Chemnitz.

Foto: Igor Pastierovic

„Meine Familie hatte Verwandte in der DDR, für mich war das also kein unbekanntes Land“, erzählt der pensionierte Finanzbeamte. Einmal jährlich sei man zu DDR-Zeiten in das andere Deutschland gereist.

Die Stadt Chemnitz war für Backhaus trotzdem Neuland – bis vor zwei Wochen. Da brach er gemeinsam mit 29 weiteren Düsseldorferinnen und Düsseldorfern zu einer dreitägigen Begegnungsreise in die Partnerstadt Düsseldorfs auf. „Ich hatte keine Erwartungshaltung, habe mich einfach darauf eingelassen“, so der 64-Jährige. Auf dem Programm stand unter anderem der Besuch des Kaßberg-Gefängnis, das das Ministerium für Staatssicherheit nutzte, um tausende politisch Verfolgte zu inhaftieren. Des Weiteren absolvierte die Gruppe eine Führung durch das Stasi-Unterlagen-Archiv Chemnitz. „Dort wurde uns von den Methoden, mit denen die Stasi die DDR-Bürger drangsalierte, berichtet“, so Backhaus. Außerdem besichtigte man Plattenbauten in Chemnitzer Außenbezirken, ein Start-up-Café und das Büro von Chemnitz‘ Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig, die auch selbst durch ihre Stadt führte.

Bei einigen Programmpunkten wurde die Delegation aus Düsseldorf von 30 Chemnitzerinnen und Chemnitzern begleitet. Den Kaßberg habe man zum Beispiel gemeinsam besucht. „Was dort genau passiert ist, war selbst einigen Chemnitzern neu“, erzählt Backhaus. Seiner Erfahrung nach gebe es auch rund 30 Jahre nach der friedlichen Revolution immer noch viele Westler, denen der Osten fremd ist. Und ebenso viele Ostler, die noch nie im Westen gewesen sind. Dementsprechend zahlreich sind die Fragen hüben wie drüben. ‚Was habt ihr eigentlich gegen Putin?‘ heißt es auf der einen Seite. ‚Was tut ihr gegen die rechte Szene?‘ auf der anderen. Natürlich sei gerade Letzteres ein sensibles Thema, bei dem Pauschalisierung nicht angebracht ist, weiß Backhaus. Trotzdem habe man es in den Gesprächen zwischen Ost und West vorsichtig angeschnitten. „Im Gegensatz zum Westen, wo es eine Entnazifizierung gab, hat im Osten keine Aufarbeitung der Geschehnisse im Dritten Reich stattgefunden“, sagt der Düsseldorfer.

Es gab aber auch leichtere Themen, über die man sich austauschte. Die Unterschiede zwischen dem Rheinischen und dem Sächsischen Sauerbraten wurden zum Beispiel besprochen. Ebenso wie die Tatsache, dass auch in Chemnitz Senf hergestellt wird. „Der ist denen aber gar nicht so wichtig wie uns unserer“, sagt Backhaus. Vertieft werden können die gewonnenen Erkenntnisse jedenfalls beim Gegenbesuch der Chemnitzer in Düsseldorf im März kommenden Jahres. Auch dafür ist keinesfalls ein klassisches Touristen-Programm vorgesehen. „Wir möchten den Chemnitzern auf jeden Fall die Mahn- und Gedenkstätte zeigen“, plant Backhaus. Darüber hinaus solle aber auch um das Thema Parken in der Innenstadt gehen. Oder die viel diskutierte Umweltspur. All das halt, was Düsseldorf dieser Tage so ausmacht und beschäftigt.

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