Gerresheim: Sensationeller Flaschenfund im Untergrund

Das Kalenderblatt über dem Schreibtisch zeigt den April 1983. Dann hat in diesem Kellergewölbe niemanden mehr die Zeit interessiert, und wohl auch nicht mehr die achttausend Flaschen, die dokumentieren, welche Modelle die größte Glashütte der Welt zwischen Mitte der 1950er und 1970er Jahre produzierte.

Glasschatz
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Heute ist dieser Gerresheimer Schatz gehoben und an einen sicheren Platz gebracht worden.

Wo das Wasser in den Gang zu den Regalen einsickerte und sich sammelte, liegt eine Palette, damit die Helfer trockenen Fußes in den Keller kommen. Otfried Reichmann steht im hintersten Gang, eine Stirnlampe zeigt ihm, was er in der Hand hält. Reichmann gilt als der beste Kenner der Gerresheimer Glashütte. Die Flaschensammlung links und rechts von ihm beeindruckt alle, aber welche ist seiner Meinung nach die schönste? "Hier, der Lachs." Er hält eine Gewürzschnapsflasche in die Kamera, in der man damals Danziger Goldwasser kaufen konnte, hergestellt von der Likör-Fabrik "Der Lachs zu Danzig".

Dass diese und achttausend andere Flaschen nun in Düsseldorf bleiben, katalogisiert und geordnet werden, ist ihm zu verdanken - wie in so vielen anderen Fällen auch. Ein bisschen mosern gehört bei Otfried Reichmann dazu und deshalb sagt er: "Ich habe von diesem Ort geredet und geredet - aber keiner hat sich richtig dafür interessiert." Erst als er das Glasmuseum Gernheim ins Gespräch brachte, die die Exponate sicher mit Kusshand nehmen würde, weil sie früher auch einmal zum Imperium von Gerresheimer Glas gehörte, setzte ein Umschwung ein.

Gebetsmühlenhaft wiederholt Reichmann seit Jahren seine Überzeugung: "Was weg ist, ist weg. Und wir leben ja nicht ewig." Paradoxerweise steigt das Interesse an der Industrie-Geschichte auch in Gerresheim mit dem größer werdenden Abstand zur Industrie-Produktion. Der Förderkreis Industriepfad um Leute wie Niklaus Fritschi, Peter Henkel, Thomas Boller und Franz Nawrath erlebt einen Aufschwung in der öffentlichen Wahrnehmung wie noch nie. Die Nachfahren Heyes besuchten ihre Ausstellungen, genauso wie der Oberbürgermeister und die Manager des Nachfolgekonzerns "Gerresheimer".

Darum wird wahrscheinlicher, dass diese imposante Zeit Gerresheims den folgenden Generationen überliefert werden kann, bis in die Details. Wie fragte Reichmann doch rhetorisch: "Wer kennt denn noch die große Essigessenzflasche?" und hält sie vor seine Lampe.

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