„Gerechter Lohn“ für 537 Erdumrundungen Bau-Fortschritt

Der Lohnzettel für Bauarbeiter in Düsseldorf sieht diesmal in einem entscheidenden Punkt anders aus: Zum ersten Mal bekommen Bauarbeiter im Februar eine Lohnabrechnung, auf der die Kilometer eine Rolle spielen, die sie im Januar auf ihrem Weg zu den Baustellen zurückgelegt haben.

 Die Kilometer zu den Baustellen werden Bauarbeitern in Düsseldorf im Februar erstmals vergütet.

Die Kilometer zu den Baustellen werden Bauarbeitern in Düsseldorf im Februar erstmals vergütet.

Foto: Pixabay

„Das ist eine Premiere für den Bau: Endlich gibt es eine Entschädigung für die Fahrstrecken und damit vor allem für die vielen Stunden, die Maurer, Betonbauer oder Kranführer Monat für Monat auf der Straße unterwegs sind. Denn bislang hat ein Großteil der Bauarbeiter Zeit und Nerven investiert, um zu den Baustellen zu kommen. Und das alles zum Null-Tarif“, sagt Uwe Orlob. „Denn die meisten Bauarbeiter haben ihre Zeit für die Fahrten zur Baustelle dem Chef einfach geschenkt“.

Für den Bezirksvorsitzenden der IG Bau Düsseldorf ist die Entschädigung der Wegezeit „ein wichtiger Schritt nach vorn, um die Arbeit auf dem Bau vom Lohn her attraktiver und gleichzeitig auch gerechter zu machen“. Immerhin seien die Strecken, die Bauarbeiter auf ihrem Weg zu den Baustellen zurücklegen, enorm, heißt es bei der Bau-Gewerkschaft.

Sie hat die Fahrstrecken beim Pestel-Institut (Hannover) untersuchen lassen. Demnach sind rund 4.060 Bauarbeiter – und damit neun von zehn Beschäftigten der Baubranche – in Düsseldorf an 200 Arbeitstagen unterwegs, um zu den Gebäuden, Straßen und Brücken zu kommen, die sie bauen und sanieren sollen. Für die einfache Fahrt legen sie dabei im Schnitt 13 Kilometer zurück. Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut kommen dabei auf rund 21,5 Millionen „Baustellen-Kilometer“ im Jahr. „Rein rechnerisch fahren die Bauarbeiter aus Düsseldorf damit rund 537 Mal um die Erde. Klar, mal liegt die Baustelle um die Ecke, oft ist sie aber auch jwd – also ganz weit draußen“, so Orlob.

Bei der Untersuchung sind, so das Pestel-Institut, für die Mobilität von Baubeschäftigten relevante Faktoren wie die Siedlungsdichte berücksichtigt. „Das Ergebnis macht deutlich, dass die, die auf dem Bau arbeiten, viel Extra-Zeit am Steuer vom Pkw oder im Baubulli verlieren. Dabei ist die Wegezeit nichts anderes als für den Bau-Job investierte Lebenszeit“, sagt Carsten Burckhardt. Er ist im IG Bau-Bundesvorstand für die Bauwirtschaft zuständig. Trotzdem sei es ein „hartes Stück Arbeit“ gewesen, die Entschädigung der Wegezeit durchzusetzen. „Die Arbeitgeber haben sich jahrelang dagegen gesträubt“, so Burckhardt. Die Zeiten, in denen Fahrstrecken von Bauarbeitern einfach unter den Teppich gekehrt wurden, seien jetzt allerdings endgültig vorbei.

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