Und plötzlich Begeisterung

"Tour de Doping". "Radsport interessiert niemand." "Wollen wir hier nicht." "Gehört nicht nach Deutschland." "Zu teuer." Der Grand Départ in Düsseldorf sei eine Schnapsidee - da waren sich die Gegner sicher.

Wer das Negative sucht, der wird es natürlich auch jetzt noch finden.

Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

"Ihr könnt echt stolz sein. So schön haben wir es selten erlebt. Das fing schon mit der Team-Präsentation am Donnerstag an." Das sagt mir am Sonntag Morgen ein Holländer auf dem Burgplatz. Aus Utrecht.

Ja, ich bin stolz auf meine Stadt. Wir waren fantastische Gastgeber. Die Stimmung war einzigartig - sportliche Spannung und großes Familienfest. Insgesamt über eine Million Besucher.

Und an keinem Tag das Gefühl von Bedrängung. Fröhliche Familien. Menschen aus Düsseldorf, den Niederlanden, England, Australien, Kolumbien - die Welt war vier Tage lang bei uns. Und im Gegensatz zum Karneval feierten die vielen tausend Menschen auch noch nüchtern.

John Degenkolb, Marcel Kittel, André Greipel und wie sie alle heißen, die sympathischen deutschen Fahrer - sie kriegten das Grinsen nicht aus dem Gesicht.

"Das war das lauteste Zeitfahren meiner Karriere", schreibt Degenkolb begeistert auf Facebook.
"Ich habe immer noch Ohrenschmerzen von dem Lärm an der Strecke. Es war der absolute Wahnsinn, wie viele Menschen trotz des schlechten Wetters an die Strecke gekommen sind", so Marcel Kittel. Wie in einem Stadion sei es am Samstag gewesen.

Mit dem Unterschied, dass in einem Stadion selten die Polizisten bejubelt werden. Applaus gab es aber am Wochenende für jeden Polizisten, der die Fahrer begleitete.

Plötzlich war sie da, die Begeisterung.

Wie hart dieser Sport ist, wurde am Samstag auch gleich deutlich: Mit dem Sturz von Alejandro Valverde. Für ihn bedeutete es das Aus.

Die Tour der Leiden ist auch großes Gefühl. Wer am Sonntag bei der Ankunft in Lüttich den Sieger Marcel Kittel in Tränen ausbrechen sah, der wusste: Die Jungs standen mächtig unter Druck.

Großer Mist war eigentlich nur das Wetter. Aber hat das etwas ausgemacht? Nein. Rund 800.000 Zuschauer allein am Sonntag. Auf der Quadenhofstraße in Gerresheim Volksfest. Auf der Yorckstraße Volksfest mit Schlagerparty.

Und - wusch - sauste das Fahrerfeld vorbei. Was manchen Radsportnovizen zu der irritierten Frage brachte: "War das alles?"

Ein großes Wochenende für Düsseldorf und ein großes Wochenende für den Radsport in Deutschland. Denn in den sozialen Medien meldete sich eine Reihe von Skeptikern zu Wort, die sich spätestens am Sonntag dem Tour de France-Fieber nicht mehr entziehen konnte.

Also ehrlich, Düsseldorf, das gelbe Trikot hast du dir redlich verdient.

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