Kriegsende: Theodor Andresen ist unvergessen

Kriegsende : Theodor Andresen ist unvergessen

Dieter Andresen lebt im Hier und Jetzt. "Ich gewinne den Eindruck, das wir in Deutschland viel weiter rechts stehen, als wir glauben." Der NSU, die fremdenfeindlichen Übergriffe, die mangelhafte Aufklärung, Vertuschungen - "da hab' ich ein Problem mit." Und: "Ich reagiere immer sehr hart auf solche Sachen."

Diese kritische Einstellung hat er von seinem Vater. Obwohl: "Wir waren keine politische Familie." Sein Vater, der Bauunternehmer, war während des Kriegs im Osten als Soldat eingesetzt. Mit einem schweren Magenleiden kehrte er 1943 zurück nach Gerresheim. Überliefert ist seine Erkenntnis: "Wenn uns das mit gleicher Münze zurückgezahlt wird, was wir im Osten gemacht haben, dann möchte ich lieber tot sein."

Auch bekannt ist, wie der 16. April 1945 für Theodor Andresen begann. Die amerikanische Armee stand kurz vor Düsseldorf, eine Kapitulation kam für die Nationalsozialisten aber nicht infrage. Verbrannte Erde - das war Düsseldorf zugedacht. Am Frühstückstisch verabschiedete sich Theodor Andresen von seiner Frau Maria: "Jetzt wird es Zeit für mich, jetzt muss ich gehen."

Sie wird ihn lebend nicht mehr wiedersehen. Andresen hat nie darüber geredet, aber er gehört zur Widerstandsgruppe um August Wiedenhofen. Diese will heute zusammen mit Polizei-Oberstleutnant Franz Jürgens im Präsidium den Polizei-Präsidenten August Korreng festnehmen und die Stadt den Amerikanern übergeben.

Der Brigadeführer Korreng wird mit vorgehaltener Pistole in eine Zelle gezwungen, doch irgendwie sickert etwas durch. Zwei Mitgliedes Widerstands können flüchten, diese nicht: Theodor Andresen, Franz Jürgens, Karl Kleppe, Hermann Weill und Josef Knab. Die Nazis verhaften und foltern sie und richten sie noch in der Nacht beim Schein von Taschenlampen an der Färberstraße hin.

Anfang der 1950er Jahre will der junge Dieter alles über diese Stunden wissen. Ein Ehrengrab für den Widerständler gibt es immer noch nicht. Die Familie muss um Rentenansprüche ringen. Theodor Andresen soll der Status des politischen Kämpfers aberkannt werden, weil er ja nur kurze Zeit im Widerstand war.
"Die Auseinandersetzung vor Gericht habe praktisch ich vorbereitet. Der Anwalt hat die Unterlagen alle von mir bekommen." Sie gewinnen.

Aber in Gerresheim gibt es immer noch viele Menschen, die sich abwenden, wenn sie die Andresens treffen. Selbst der Bundesgerichtshof bestätigt 1952 letztinstanzlich die Standgerichtsurteile als rechtmäßig. Bis in die späten 1990er Jahre hinein wird die Tat am 16. April als Kriegsverrat gewertet. Dieter Andresen aber sagt: "Der Stolz auf meinen Vater hat mir geholfen, erwachsen zu werden." Zurückhaltend antwortet er auf die Frage, wie sehr ihm diese Ereignisse von vor fast siebzig Jahren heute noch nahegehen: "Je älter ich werde, um so mehr bekomme ich dabei feuchte Augen."

Dass Oberbürgermeister Elbers bei den Besuchen auf dem Waldfriedhof auch am Ehrengrab seines Vaters Einkehr hält, erfüllt ihn mit großer Genugtuung. Was ihn auch freut: Wenn sich junge Leute des Jürgens-Kollegs mit der Aktion seines Vaters befassen und sagen: "Unrecht haben wir in unseren Heimatländern auch erfahren. Es passiert immer wieder. Auch heute noch." (schrö, im März 2014)