Rudelbildung: „Nun geben sie schon her!“

Weil sich zahlreiche Mitglieder einer Bürgerinitiative, die weniger Flüchtlinge in einer geplanten Werstener Unterkunft fordert, verschaukelt fühlen, läuft eine städtische Sprechstunde ein wenig aus dem Ruder.

 Düsseldorfs Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch (Mitte) nahm die Liste mit den 370 Unterschriften, die Astrid Köhler (r.) und Kirsten Lyko für eine Bürgerinitiative überreichten (die fordert eine Halbierung der Flüchtlingszahl in der Werstener Unterkunft) in angespannter Atmosphäre entgegen.

Düsseldorfs Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch (Mitte) nahm die Liste mit den 370 Unterschriften, die Astrid Köhler (r.) und Kirsten Lyko für eine Bürgerinitiative überreichten (die fordert eine Halbierung der Flüchtlingszahl in der Werstener Unterkunft) in angespannter Atmosphäre entgegen.

Foto: SP

Recht kurzfristig hatte die Stadt im Hinblick auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft an der Ickerswarder Straße/ Ecke Am Haferkamp in Wersten zu einer Bürgersprechstunde in der Himmelgeister Grundschule am Steinkaul eingeladen. "Wir erhalten nach der Bekanntgabe möglicher neuer Standorte viele Anfragen per E-Mail, die ich im persönlichen Gespräch beantworten möchte", so Miriam Koch, Düsseldorfs Flüchtlingsbeauftragte zum Hintergrund des Angebots.

Das will sich die Initiative, die schon im Vorfeld die angrenzenden Haushalte mit Wurfzetteln bestückt hatte, zunutze machen, um ihr Anliegen plakativ zu platzieren.
Eine Liste mit 370 Unterschriften soll auf dem Pausenhof übergeben werden. Demnach will man die für 500 Flüchtlinge geplante Unterkunft in der Form nicht akzeptieren, fordert die Stadt auf, die Zahl auf 250 Menschen zu verringern.

Swetlana C. (34), die ihren vollen Namen nicht nennen möchte, unterschreibt kurz vor der Übergabe. "Ich halte es für problematisch, hier 500 Menschen aus Krisenregionen anzusiedeln. Ich sage ehrlich: ich habe Angst." Die Reduzierung auf 250 wäre für sie "zumindest ein kleiner Fortschritt."

Initiativen-Sprecherin vor Ort ist Astrid Köhler. Sie argumentiert:"Weil einige der Anwohner bereits in der Flüchtlingshilfe ehren- und hauptamtlich tätig sind, wissen wir, welche Anzahl hier gut zu betreuen ist." Sie und ihre Mitstreiter fürchten ansonsten eine Ghettobildung.

Inzwischen kommt es auf dem Schulhof vereinzelt zur Rudelbildung. Etwa 100 Menschen haben sich versammelt. Es herrscht Missmut. Drinnen in einem Klassenraum sitzt mittlerweile Miriam Koch. Es stellt sich schnell heraus - Erwartung und Realität klaffen hier heute auseinander. Die Protestler wollen eine breite Diskussion, doch Miriam Koch macht - als sie nach einigen Minuten nach draußen komm - , klar, dass eine Bürgersprechstunde eben lediglich persönliche Einzelgespräche beinhalte. Sie verweist auf die Informationsveranstaltung am 21. April.

"Das ist doch ein Witz" ist zu hören, bevor es verbal rustikaler wird. Astrid Köhler besteht in der angespannten Atmosphäre auf die Übergabe der Unterschriftenliste. " Na dann geben sie schon her", so eine sichtlich ungeduldige Miriam Koch. "Wir vertreten hier die anwesenden Anwohner", rechtfertigt Astrid Köhler ihre Hartnäckigkeit. Vereinzelte Zwischenrufe erklingen: "Mich vertreten sie nicht!"

Schließlich bezieht die Flüchtlingsbeauftragte doch noch konkret Stellung: "Bei der Auswahl der Unterkunfts-Standorte führen wir stets eine Machbarkeitsstudie durch. Der Platz in Wersten ist für 500 Menschen ausgerichtet. Das ist aber nicht in Stein gemeißelt, derzeit befinden wir uns in der Feinplanung." Es könne gut sein, das die Zahl der Flüchtlinge noch nach unten geh. "Doch ich will Ihnen nichts vormachen, halbiert wird sie auf keinen Fall."

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