„Ich hätte so gern geholfen“

In der Nacht des 9. Mai veränderte sich viel im Leben des Gerresheimer Taxifahrers Ingo Krannich.

 Ingo Krannich auf dem Sofa seiner Wohnung an der Heyestraße.

Ingo Krannich auf dem Sofa seiner Wohnung an der Heyestraße.

Foto: schrö

Aber alles änderte sich im Leben einer Familie, die in dieser Nacht ihren Sohn verlor. „Und ich kenne die Familie.“ Er hätte so gern geholfen, „ich bin so ein Typ“; weicher Kern, raue Schale.

Verursacht hat den Crash ein junger Fahrer, der mit seinem Cabrio über den Hellweg bretterte, mit 143 km/h in Höhe des Märchenlandes ins Schleudern kam und Krannichs Taxi torpedierte.

Ein junger Mann brach sich das Genick, ein Junge lag wochenlang im Wachkoma, der Fahrgast des Taxifahrers hatte einen offenen Schienbeinbruch. Krannich selbst erinnert sich undeutlich: „Das war so, als hätte dir jemand mit dem Hammer vor den Kopf geschlagen.“ Wer das Unfall-Foto gesehen hat, glaubt nicht, dass es der Fahrer lebend aus dem Auto schaffte. Der Motorblock war bis zum Fahrersitz vorgeschoben worden. Schlimm genug: „Mein rechter Fuß war im Eimer.“ Die Nerven drohten abzusterben. Not-OP, sonst ist der Fuß weg. Unter Schock hat er das anfangs gar nicht gemerkt und zunächst eine leichte Verletzung angenommen. Doch es stand Spitz auf Knopf. Mit Drähten hielten die Ärzte seinen Fuß zusammen. „Ich will doch wieder Taxi fahren.“ Von seinen Kollegen hat er viel Zuspruch erfahren und sein Chef besuchte ihn sofort in der Klinik und sagte zu ihm: „Und wenn ich dir einen Wagen umbauen muss, ich will, dass du wieder für mich fährst.“

Inzwischen ist der Draht raus und die Schmerztabletten abgesetzt. „Jetzt gehen Physiotherapie und Regeneration erst richtig los“, sagt der 54-Jährige. Der Prozess wird sehr lange dauern, „und die Ärzte rücken auch nicht so richtig raus mit der Sprache, wenn es um die Gesundung der Nerven im Bein geht.“

Gleichzeitig hat Ingo Krannich Termine beim Psychotherapeuten gemacht. „Ich konnte schon vorher nicht gut schlafen, aber jetzt ist es die Hölle.“ Mit der Mutter des toten Jungen hat er Kontakt. Ihr wollte er mit einem Spendenaufruf helfen, aber so ein Vorgang ist nicht ganz ohne. Regeln müssen eingehalten werden, der bürokratische Aufwand ist hoch.

Vielleicht kommt es auch nicht immer auf Geld an. Dass man sich hineinfühlen kann in einen anderen Menschen, „dass man für ihn da sein kann“ - ist auch ein großer Wert.

(City Anzeigenblatt Duesseldorf)
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