Kriegsende: Wie sollen wir den Krieg beenden?

Kriegsende : Wie sollen wir den Krieg beenden?

Kann sich jemand vorstellen, wie viel Gedanken ihnen durch den Kopf schwirrten? Wie viel Angst sich in ihren Magen grub? Wie oft sie abgewägt haben: mein Leben oder das der vielen Düsseldorfer? Wie sie sich das Hirn zermarterten, um den Wahnsinn zu beenden?

Am 16. April vor 70 Jahren gaben sich elf Düsseldorfer einen Ruck, um die Stadt vor dem Total-Bombardement der Alliierten zu bewahren.

Am Morgen frühstückt der 38-jährige Gerresheimer Sprengmeister Theodor Andresen zusammen mit seiner Familie in der Wohnung an der Straße Unter den Eichen. Seine Frau Maria war kurz vorher bei den Breuers vorbeigegangen und hatte die neuesten Gerüchte mitgebracht: "Die Amerikaner sollen schon in Erkrath stehen." Theodor Andresen erhebt sich und sagt: "Jetzt wird es Zeit für mich, jetzt muss ich gehen."

Seine Frau denkt an seinen Termin beim Finanzamt, wo er Geld einzahlen will, doch sein Weg wendet sich zur Wohnung von Karl August Wiedenhofen. Der hatte die Widerstandsgruppe "Aktion Rheinland" Ende der 1930er Jahre gegründet. Zur "Aktion" gehört auch ein zarter, kleiner Mann, Aloys Odenthal (33). Der Gerresheimer Architekt und gläubige Katholik hat sich von einem Pastor auf den Tod vorbereiten lassen. Andresen, Odenthal, Wiedenhofen und ihre Mitverschwörer Karl Kleppe, Josef Knab und Hermann Weill haben für ihren Plan den Kommandeur der Düsseldorfer Schutzpolizei gewinnen können, allerdings erst vor zwei Tagen. Jetzt warten sie auf einen Anruf aus dem Polizeipräsidium. Gegen 13 Uhr klingelt es. "Wir müssen sofort handeln." Ein Angriff der Amerikaner stehe unmittelbar bevor. Aber die Nazis würden bis zur letzten Sekunde kämpfen. Die Männer eilen zum Kavallerieplatz.

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Franz Jürgens stellt einen Passierschein aus und überlässt ihnen einen Polizeiwagen samt Fahrer, damit die Parlamentäre die Stadt verlassen und eine kampflose Übergabe an die Amerikaner aushandeln können. Sie bekommen Pistolen. Dann sperrt die Gruppe den nationalsozialistischen Polizeipräsidenten August Korreng in eine Zelle des Präsidiums. "Herr Präsident, Sie bieten uns in den kommenden Tagen nicht die Gewähr für die reibungslose Abwicklung aller Dinge. Wir sind deshalb als Vertreter der Düsseldorfer Bürgerschaft gezwungen, Sie in Schutzhaft zu nehmen."

Als Odenthal und Wiedenhofen für kurze Zeit das Gebäude verlassen, um eine Ablösung der Wache für Korreng zu organisieren, sehen sie überall in den offenen Fenstern jubelnde Polizisten, die ihr Vorhaben unterstützen. Bei der Rückkehr merkt Odenthal sofort, dass alle Fenster geschlossen sind. "Irgendetwas stimmt da nicht." "Jetzt kriegst du es doch mit der Angst zu tun", neckt Wiedenhofen seinen schmächtigen Freund. Doch Odenthal setzt sich durch. "Wir können ja wenigstens draußen warten." Dann werden die Tore des Gebäudes geschlossen. "Wir sind verraten worden." Odenthal hält dem wartenden Fahrer eine Pistole vor die Brust und herrscht ihn an: "Entweder Sie fahren, oder Sie sind eine Leiche." Widerstrebend bringt der Fahrer Odenthal und Wiedenhofen die Ludenberger Straße hinauf nach Gerresheim und muss dort beim Leben von Frau und Kindern schwören, sie nicht zu verraten - und kann gehen.

Die zwei Männer hetzen weiter. Sie kommen an der Lakronstraße vorbei, als gerade Odenthals Frau aus dem Haus tritt. "Versteckt euch bei einer Freundin", drängt Odenthal sie. Sie nehmen einander in die Arme, beginnen zu weinen und trennen sich. Wiedenhofen und Odenthal wollen sich über die Gerresheimer Höhen nach Mettmann durchschlagen. Am späten Nachmittag erreichen sie Hubbelrath. Sie sprechen bei Pfarrer Bernhard Petri vor und weihen ihn ein. "Das schafft ihr nie. Hier wimmelt es von den deutschen Soldaten."

Doch Aloys Odenthal und Karl August Wiedenhofen ist es bitterernst, sie können und wollen nicht mehr zurück. Der Pfarrer ist beeindruckt und holt eine Flasche Asbach aus dem Keller, die er eigentlich erst nach Kriegsende öffnen wollte. Dann brechen die Männer auf. Zweimal wird die Lage so brenzlig, dass Odenthal sich selbst als Bauer und seinen Freund als Tierarzt ausgibt. "Unsere Kuh kalbt." Und Wiedenhofen zieht zum Beweis seine weiße Kapitulationsfahne aus der Tasche, ein Tuch, das er für den Eingriff brauche.

Zu diesem Zeitpunkt haben in der Stadt schon zwei Standgerichte ihre Arbeit aufgenommen. Im Parkhotel wird Oberstleutnant Franz Jürgens wegen Kriegsverrats angeklagt und in der Schule an der Stoffeler Straße werfen die Schergen das Gleiche Theodor Andresen, Karl Kleppe, Josef Knab und Hermann Weill vor. Alle werden zum Tod durch Erschießen verurteilt. Der Tag senkt sich dem Ende zu.

Kurz vor Mettmann ergreift eine amerikanische Patrouille zwei Zivilisten. Ihren Worten von der Übergabe der Stadt glaubt sie kein Wort. "Ihr Deutschen seid doch alle gleich." Man hält sie für Spione. Im Arrest beten sie ununterbrochen, verfassen schließlich eine Petition und Odenthal schwört beim Foto seiner Schwester, die im Kloster lebt: "Wir sind keine Nazis." Schließlich lassen sich die Amerikaner überzeugen, stellen aber als Bedingung, dass die beiden Düsseldorfer auf den ersten Panzern mitfahren müssen.

Währenddessen schwingen sich die Nazis noch einmal zu ihrer ganzen Menschenverachtung auf, misshandeln Theodor Andresen und Josef Knab schwer, erschießen alle fünf Widerständler beim Schein von Taschenlampen im Hof der Berufsschule Färberstraße und verscharren sie. Am nächsten Morgen erobern die alliierten Truppen ohne einen Schuss Düsseldorf.