„Ehrenamtler sind keine Bittsteller“ Loring Sittler bei der Bürgerstiftung

Unverschämt. Der 67-jährige ehemalige Zukunftsfondsmanager Loring Sittler las der Bürgerstiftung Gerricus die Leviten. In einem Vortrag im Stift warf er den Guten vor, nicht energisch und selbstbewusst genug ihre Position und ihre Arbeit zu präsentieren und sprach von einer „Selbstverzwergung der Gemeinwohl-Produzenten“.

 Loring Sittler vor seinem Referat mit Barbara Krug (li.) von der Bürgerstiftung und Petra Wienß vom zentrum plus.

Loring Sittler vor seinem Referat mit Barbara Krug (li.) von der Bürgerstiftung und Petra Wienß vom zentrum plus.

Foto: schrö

Sittler galoppierte nur so über die Politik-Felder, um deutlich zu machen, wie stark unsere Gesellschaft auf Hilfe zur Selbsthilfe angewiesen ist und prophezeite, dass der „paradiesische Zustand von heute“ nicht von Dauer sein werde, etwa bei der Rente. „Wo sollen die Hunderte von Milliarden Euro herkommen, die das Politik-Versprechen von regelmäßigen Anpassungen kosten wird?“ 2030 gäbe es sechs Millionen mehr über 65-Jährige und alle bezögen im Schnitt 19 Jahre Rente. Vom Pflegenotstand wolle er gar nicht anfangen zu reden, 8000 zusätzliche Kräfte würden als großer Erfolg gefeiert, doch man brauche in den kommenden Jahren 500.000 zusätzliche Pfleger. Daraus leitete Sittler ab, wir würden dieser und aller anderen gesellschaftlichen Groß-Probleme nur Herr werden, wenn eine neue Kultur der Mitverantwortung Platz greife. „Wenn Sie engagierte Bürger sind, sind sie keine Bittsteller.“

Wer heute mehr als zwei Stunden pro Woche ehrenamtlich agiert, wird häufig gefragt: Warum tust du dir das an? „Eine unverschämte Frage, die man mit einer Gegenfrage beantworten sollte: Und was tust du?“

Man müsse mehr Geld fordern, vom Staat und auch vom Mittelstand - denn die Bürgerstiftungen seien schlecht finanziert. „Ich will es mal ganz salopp ausdrücken: Wer haut hier mal auf die Kacke?“ Auch die Hilfsorganisationen ließ Loring Sittler nicht ungeschoren: „Warum arbeiten sie so selten zusammen?“ Zwischendurch streute er aber immer wieder positive Beispiele aus der ganzen Republik ein: eine Seniorengemeinschaft in Oberfranken mit 790 Mitgliedern, eine Bürgerstiftung in Schwaben, die eine Wohnungsgenossenschaft gründete, Augsburg, wo Türken Türken helfen.

So viel harte Bestandsaufnahme, so viel Provokation - man hörte die anwesenden Bürger geradezu innerlich durchschnaufen. Die Gedankenanstöße hielten anschließend alle Diskutanten für wertvoll, verwiesen aber auch auf Erfolge in der eigenen Arbeit. (schrö)

Wer den Vortrag von Loring Sittler in der ursprünglichen Schriftform nachlesen will: www.duesseldorfer-anzeiger.de/stadtteile/ost

(City Anzeigenblatt Duesseldorf)
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