Gepflegtes Verwahrlosen Ralf Königs weihnachtliche Zeichnungen in Fonis Galerie

Sie heißen "Wie die Karnickel", "Zitronenröllchen" und natürlich "Der bewegte Mann" — seit 1979, und damit noch vor seinem Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie, veröffentlicht Zeichner Ralf König bereits Comics.

 Nackte Knollennasen mit vier Zehen: Ralf König stellt derzeit in Fonis Galerie Originale seiner Geschichte „Santa Claus Junior“ aus.

Nackte Knollennasen mit vier Zehen: Ralf König stellt derzeit in Fonis Galerie Originale seiner Geschichte „Santa Claus Junior“ aus.

Foto: Sven-André Dreyer

Der Düsseldorfer Anzeiger sprach mit ihm über seine aktuelle Ausstellung in der Fonis Galerie in Flingern.

Spätestens mit dem 1984 veröffentlichten Band "SchwulComix 2" findet Ralf König schließlich zu einer eigenen Stilistik, zu einem Thema und erfindet damit auch ein bis dahin unbekanntes Genre: in pointierten Kurzgeschichten porträtiert er selbstironisch und mit satirischem Augenzwinkern seither äußerst erfolgreich den Alltag der schwulen Subkultur. Damit wird er nicht nur zum Chronisten der schwulen Szene, seine Knollennasen liefern schon lange auch einem breiten Publikum Unterhaltung pur mit facettenreichen Inhalten im Comicformat.

Herr König, Sie stellen derzeit einige Ihrer Arbeiten in Fonis Galerie in Düsseldorf aus. Was können wir in Ihrer aktuellen Schau mit dem Titel "Santa Claus Junior" sehen?
Eine Geschichte, die ursprünglich im Rowohlt-Verlag als weihnachtliches Geschenkbuch veröffentlicht wurde. Da ich bekennender Weihnachtshasser bin, war die Arbeit daran aber zunächst ganz entgegen meiner Überzeugung. Der Verlag musste also echte Überzeugungsarbeit leisten. Selbst Anti-Weihnachtsgeschichten sind, so denke ich, mittlerweile derart ausgelutscht, dass man sie eigentlich gar nicht mehr bringen kann. Ich versetzte mich also in eine Figur namens Ute, die das Weihnachtsfest so verbringt, wie ich: mit hohem Genuss allein.

Sie verbringen die Weihnachtstage tatsächlich allein?
Ich verwahrlose gepflegt mit einem Stapel Filme und vollem Kühlschrank von Heiligabend bis zum zweiten Weihnachtstag und genieße die dann herrschende Stille. Ich wohne mitten in Köln und mag die Tatsache, wie ruhig es dann selbst im Zentrum dieser sonst sehr tönenden Stadt ist: kaum ein Auto ist unterwegs und nur ab und an bimmelt der Dom. Mit diesen Zutaten habe ich schließlich die Geschichte "Santa Claus Junior" entwickelt, die Originale hängen nun hier an den Wänden und können beguckt werden.

Neben den Originalcomicseiten sind auch aufwendige neue Zeichnungen für die Ausstellung entstanden. Anders als die neue Generation Comiczeichner arbeiten sie aber noch sehr klassisch.
Ich bin Handwerker, arbeite mit Stiften. Deshalb bin ich ja Zeichner geworden. Und ist der Comic gezeichnet, koloriere ich manuell. Vielleicht mache ich mir damit auch wahnsinnig viel überflüssige Arbeit, aber dabei entstehen echte Zeichnungen auf Papier, das dauert seine Zeit. Ich arbeite in einem Großraumbüro, in dem ebenfalls Comiczeichner sitzen. Die wiederum arbeiten mit Computern und Tablets und auf Knopfdruck wird bei ihnen der Himmel blau. Die haben aber keine Originale, nichts, was sie an die Wände hängen könnten.

Sie haben von 1981 bis 1986 an der Düsseldorfer Akademie Kunst studiert. Wie aber kam es zum Zeichnen von Comics?
Das ist bereits sehr früh passiert. Schon als Kind habe ich Comics nachgezeichnet, als Schüler in der Schülerzeitung dann Lehrer karikiert. Dass ich Comics zeichnen möchte, war mir schon früh klar. Ich habe zwar eine Schreinerlehre auf Wunsch meines Vaters abgeschlossen, bin dann aber nach Düsseldorf gekommen, weil Beuys damals ausrief, dass man bei ihm auch ohne Abitur Kunst studieren könne. Schon meine erste Bewerbung an der Kunstakademie war erfolgreich. Ich war darüber sehr glücklich, wusste aber nicht, was das tatsächlich für ein Treffer war. Neben dem Studium habe ich dann weiterhin Comics gezeichnet, an der Akademie aber war das eher verpönt.

Verhindert ein Kunststudium nicht eigentlich sogar das Zeichnen von Comics oder hilft es dabei?
Verhindern will ich nicht sagen, ich wusste damals aber einfach schon sehr genau, dass ich Comics zeichnen möchte. An der Akademie konnte mir deshalb, was das angeht, nicht viel beigebracht werden. Allerdings bedaure ich noch heute, dass ich mir damals so sicher war. Aus der heutigen Perspektive betrachtet, würde ich die Zeit an der Kunstakademie wesentlich intensiver nutzen. Ich habe damals ein wenig in Öl gemalt, Bühnen- und Kostümbilder entwickelt. Es hatte aber immer schon etwas mit dem Erzählen von Geschichten zu tun. Dennoch: bei dem, was man handwerklich dort lernen kann, bedaure ich sehr, dass ich das nicht genutzt habe.

Sie pendelten während dieser Zeit zunächst täglich aus Dortmund in die Stadt. Später lebten Sie auch in Düsseldorf…
… in einem evangelischen Studentenwohnheim. Sehr grenzwertig. Ich hatte ein elf Quadratmeter großes Zimmer und draußen, auf dem Gang, spielten sie Fußball. Der Ball knallte ständig gegen die Tür und als eines Morgens ein abgeschnittener Ziegenkopf im Spülbecken lag, bin ich dann ausgezogen. Ich wohnte dann noch für ein Jahr in der Wohnung eines Kommilitonen, der ein Stipendium in Florenz bekommen hatte. Die Stadt Düsseldorf habe ich dann allerdings ebenfalls erst später schätzen gelernt. Das Kunstangebot in der Stadt ist bis heute toll. In den beiden großen Museen in Köln hingegen ist das Angebot eher behäbig, tradiert.

Comic und Kunst. Geht das zusammen?
In Deutschland ist es mit dem Kunstverständnis von Comics tatsächlich schwierig. Obwohl es hier herausragend gute Zeichner gibt. In Frankreich und Belgien hingegen ist es sehr viel üblicher, dass man sich Comics auch als Kunst an die Wand hängt. Hier muss man den Menschen immer erklären, was das ist. Ja, ein Comic, aber, nein: nicht für Kinder. Leider wird, zu meinem Erstaunen, bis heute eine Bildergeschichte häufig als Kinderkram abgetan. Eigentlich unverständlich, denn wir leben ja in einer Welt, die über Bilder funktioniert.

Wo verorten Sie sich denn heute selbst? Sind Sie Künstler, Zeichner…?
Es ist das Erzählen. Ich zeichne gerne, aber es langweilt mich, wenn ich einfach nur Figuren malen soll. Comics sind eine wunderschöne Form, um Geschichten erzählen zu können. Und mit Humor funktioniert das nochmal so gut.

Seit geraumer Zeit arbeiten Sie an einem neuen Buch. Wie geht's voran?
Langsam sehe ich Licht am Ende des Tunnels. Ich mache aber nach all den Jahren immer noch Fehler, die eigentlich absolut unprofessionell sind: ich beginne nämlich einfach mit dem Zeichnen. Ich weiß zwar, worauf ich hinaus will, zeichne mitunter aber dennoch sehr viel für den Papierkorb. Seit einem Jahr arbeite ich nun an einer Geschichte über die Entstehung der Menschen, eine Geschichte über die menschliche Evolution. Ich habe bei meiner Arbeit aber überhaupt nicht bedacht, wie viel Stoff das tatsächlich ist. Offensichtlich bin ich zu faul, mir zunächst ein Drehbuch zu schreiben und Dialoge zu entwickeln. Ich nehme mir einfach einen Stift und fange an…

Sie wollen sich in Zukunft überdies auch auf einem weiteren, neuen Betätigungsfeld versuchen.
Ich möchte tatsächlich auch mal versuchen, die Zeichnungen weg zu lassen. Und auch, wenn ich sofort unsicher werde, wenn mir die Zeichnungen fehlen, denn schon mit einem Strich kann man eine Stimmung erzeugen: ich würde auch gerne literarisch erzählen. Eine vollkommen andere Nummer. Vielleicht entsteht so einmal nicht ein Comic, vielleicht aber eine Zwischenform. Denn vielleicht werde ich die entstehenden Texte und Dialoge nur kurz illustrieren und kann so den Comic auch mal Comic sein lassen.

Die Ausstellung "Santa Claus Junior" von Ralf König ist noch bis zum 5. Dezember 2018 in FONIS Galerie, Lindenstraße 90, in Düsseldorf zu sehen. www.fonis-galerie.de

(Sven-André Dreyer, sdr, sad)
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