Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) im Interview „Ja, ich mache Zwischenrufe“

Aus dem Stadtrat ist sie nicht wegzudenken. Für die Liberalen in Düsseldorf ist sie das bekannteste Gesicht. Seit September sitzt Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Deutschen Bundestag. Jetzt hat sie in der Altstadt ein Wahlkreisbüro eröffnet.

 „Wir freuen uns auf Besucherinnen und Besucher“, sagen Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (li.) und Dr. Christine Rachner im neuen Wahlkreisbüro in der Altstadt.

„Wir freuen uns auf Besucherinnen und Besucher“, sagen Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (li.) und Dr. Christine Rachner im neuen Wahlkreisbüro in der Altstadt.

Foto: Nicole Gehring

Der Düsseldorfer Anzeiger besuchte die Politikerin dort.

In der Wallstraße 16 haben Sie gerade ein Wahlkreisbüro eröffnet. Wozu?
Ich wollte mitten im Herzen der Stadt sein. In der Altstadt halten sich vermehrt viele Menschen auf. Und so ist die Schwelle, in mein Büro zu kommen, ganz niedrig.

Der Ort in der Altstadt ist zentral gewählt. Die Distanz zum Rathaus ist minimal. Absicht oder Zufall?
Absicht. Unabhängig davon, dass ich auch ein Ratsmandat habe, möchte ich einfach mitten in der Stadt präsent sein. Es ist geradezu ideal alles in einem Viertel zu haben.

Das heißt, Bürger können hier jederzeit klingeln, wenn sie mit Ihnen sprechen möchten?
Genau. Erst gestern kam ein Herr vorbei, der wollte mir zum Bundestagsmandat gratulieren. Mit dem habe ich mich dann unterhalten. Meine Büroleiterin Frau Rachner ist vormittags hier anwesend, auch dann, wenn ich mich Mandatsbedingt in Berlin aufhalte. Wer nachmittags kommen will, sollte daher einen Termin machen.

Sie sitzen im Deutschen Bundestag und im Düsseldorfer Stadtrat. Lässt sich beides zeitlich ohne Probleme unter einen Hut bringen?
Das geht, weil ich als Ratsmitglied viele Aufgaben überwiegend in den Ausschüssen an meine Kolleginnen und Kollegen abgegeben habe. Zum Jahresende habe ich außerdem, wie angekündigt, meine Aufsichtsratsmandate in der Stadtsparkasse, Messe und IDR niedergelegt und diese meiner Kollegin Monika Lehmhaus bzw. Manfred Neuenhaus überlassen. Sonst wäre es schwer. Aber es ist mir ganz wichtig, immer mit einem Bein hier in der Stadt zu sein, und mich einzubringen, wenn ich das Gefühl habe, mal "zucken" zu müssen.

War das von Anfang an so geplant?
Ich hatte innerlich schon ein bisschen Abschied genommen. Doch dann hat mein Nachfolger im Fraktionsvorsitz Manfred Neuenhaus mich nach der Bundestagswahl gebeten mein Mandat in der Stadt zu behalten. Er und die Fraktion fänden es gut, wenn ich im Rat bliebe. Daraufhin habe ich zugestimmt unter der Voraussetzung, dass meine Kolleginnen und Kollegen entsprechend mehr arbeiten müssen.
Ich danke meiner Fraktion sehr für diesen zusätzlichen Einsatz, denn wenn man eine Zeit lang in Berlin tätig ist, besteht die große Gefahr, sich vom eigenen Wahlkreis zu entfernen. Ich möchte meine Leidenschaft für Düsseldorf auf keinen Fall schmälern.

Aus dem Stadtrat kennen wir Sie als eine Politikerin, die gerne mit herzhaften Zwischenrufen und bissigen Kommentaren auffällt. Zügeln Sie Ihr Temperament in Berlin?
Was Reden betrifft, ist das wirklich neu. Ich durfte jetzt schon zweimal im Parlament reden. Einmal vier, einmal drei Minuten. Das ist wirklich nicht leicht für mich. Da muss man sehr pointiert sprechen. Sollte jemand dazwischen rufen, ist das natürlich wunderbar für mich. Dann reagiere ich — und schon bin ich über der Zeit. Bei der ersten Rede habe ich schon überzogen, weil ein Zwischenruf kam.

Von Ihnen kommen aber auch Zwischenrufe?
Neulich hat ein Journalist mir eine SMS geschrieben: "Ich habe das Gefühl, Sie sind hier schon angekommen." Ja, ich mache Zwischenrufe. Gute Zwischenrufe sind nach wie vor etwas wunderbares, und die Protokollanten schreiben entsprechend mit. Aber natürlich muss ich den parlamentarischen "Laden" erstmal kennenlernen.

Wie viel Düsseldorf haben Sie dabei, wenn Sie im Bundestag sitzen?
Ganz viel! Und zwar deshalb, weil Düsseldorf Landeshauptstadt ist und weil wir die FDP hier in den letzten Jahren sehr viel bewegt haben. Diese Erfahrung kann man in die Politik in Berlin einspeisen. Ich konnte beispielsweise das Handlungskonzept Wohnen beim Thema fehlender Wohnraum in Städten, oder unseren KiTa-Navigator beim Thema Kindertagesstätten in die Diskussion einbringen. Ich habe immer gesagt, es wäre manchmal doch sehr hilfreich, wenn man, bevor man in den Bundestag einzieht, Kommunalpolitik gemacht hätte. Wie bei einer Ausbildung, bei der man erst den Gesellen und dann den Meister macht. Durch den unmittelbaren Kontakt zu den Menschen wird man geprägt. Und diesen Kontakt haben einige Parlamentarier leider im Bundestag verloren.

Sie haben aber nicht im Stadtrat angefangen?
Ich war fünf Jahre in der Bezirksvertretung in Gerresheim. Dann kam ich 2004 in den Rat. Ein Jahr später wurde ich Fraktionsvorsitzende. Dann sechs Jahre Bürgermeisterin und seit 2014 wieder Fraktionsvorsitzende. Ich war in meinen Funktionen immer nah am Bürger. Und das finde ich klasse. Wenn ich durch die Altstadt laufe, brauche ich ganz lang, weil ich so oft angesprochen werde.

Haben Sie eigentlich nachträglich bereut, dass Sie 2014 bei der Kommunalwahl nicht als Oberbürgermeister-Kandidatin angetreten sind und ihrem damaligen Koalitionspartner Dirk Elbers von der CDU das Feld überlassen haben?
Nein. Ich habe das nicht bereut. In dem Augenblick war es richtig. Ich hätte ein Jahr vorher meinen Hut in den Ring werfen müssen. Mit Dirk Elbers habe ich aber gut zusammengearbeitet. Und so wollten wir es auch weitermachen. Hätte ich kandidiert, wäre die Zusammenarbeit sofort beendet gewesen.

In diesem Jahr ist es zehn Jahre her, dass Oberbürgermeister Joachim Erwin verstarb. Sie waren langjährige politische Partner. Wie viel Joachim Erwin steckt heute noch in der Düsseldorfer Lokalpolitik?
Er war ja ein Macher. Hat die Stadt sehr gut gekannt. War aber auch brutal in seiner Art. Das muss man bei allem Respekt vor einem Verstorbenen sehen. Ohne Frage war er in den ersten fünf Jahren ein wichtiger und guter Oberbürgermeister. Die zweiten fünf Jahre waren schwer. Und er hat — vielleicht auch aufgrund seiner Krankheit — viele Dinge durchpeitschen wollen, die uns heute ein bisschen auf die Füße fallen. Etwa die vielen Hallen, die er wollte — wie Burgwächter Castello und ISS Dome. Die Arena wollte er auf Teufelkommraus. Wir haben das mitgetragen, aber auch immer vor den Kosten gewarnt. Zehn Jahre später merken wir, dass da mehr Aufrichtigkeit besser gewesen wäre. Eine Arena ist kein Nullsummenspiel. So wenig wie ein Opernhaus. Heute glaubt einem kein Mensch mehr, wenn man behauptet, damit sei Geld zu verdienen. Ich glaube, dass man weiter kommt, wenn man den Leuten klar sagt, das ist toll, ich möchte das, es ist gut für die Stadt — aber es kostet eben auch.

Vor zehn Jahren, 2008, hatte Dirk Elbers nur ein paar Häuser weiter sein Wahlkampfbüro. Das bringt uns natürlich auf eine wichtige Frage: Frau Dr. Strack-Zimmermann, treten Sie 2020 als Oberbürgermeister-Kandidatin in Ihrer Heimatstadt an?
Das entscheidet die Partei in 2019. Ich habe, und da bitte ich um Verständnis, vor drei Monaten ein frisches Mandat in Berlin angetreten und diese Aufgabe gehe ich jetzt mit Schwung an.

Fakten:

Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP. Seit der Wahl im September ist die Düsseldorferin Bundestagsabgeordnete
Ihr Wahlkreisbüro hat sie jetzt in der Wallstraße in der Altstadt bezogen
Dr. Christine Rachner leitet das Büro, das montags bis donnerstagvormittags und nach telefonischer Absprache besetzt ist.

Kontakt: Telefon 0211- 86394087

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