Islam-Schau: Das Protokoll eines Streits

"Eine Reise durch die islamische Zeit" führt in Düsseldorf zu Zoff im Rathaus. Frauenfeindliche Inhalte und fehlender Dialog - sagt die CDU. Der Oberbürgermeister hätte die Ausstellung in einen kritischen Dialograhmen einbetten sollen, um Missverständnissen vorzubeugen.

 Längst ein politischer Zankapfel - die Ausstellung „Reise durch die islamische Zeit“ im Rathaus.

Längst ein politischer Zankapfel - die Ausstellung „Reise durch die islamische Zeit“ im Rathaus.

Foto: David Young

Im Rathaus verweist man auf Ahmadiyya Muslim Jamaat. Man hätte schließlich mit deren Anhängern jederzeit diskutieren können.

Vier Tage lang fand in der vergangenen Woche im Rathaus die Ausstellung "Eine Reise durch die Islamische Zeit" der islamischen Reformgemeinde AMJ statt. Ein Protokoll des Streits, der darum entbrannte:

Am Montag, 6. Februar, eröffnete Bürgermeister Günter Karen-Jungen (Bündnis 90/ Die Grünen) die Ausstellung: "Ich freue mich, heute diese Ausstellung zu eröffnen, die dazu anregt, nicht nur über den Islam, sondern mit den Vertretern der islamischen Gemeinden und den Machern dieser Ausstellung zu reden. Düsseldorf ist eine Stadt, die durch Toleranz, Weltoffenheit und Interesse an anderen Kulturen und Religionen auszeichnet."

Unter anderem Schulklassen besuchen die Wanderausstellung, die den Koran zeigt, aber auch mit Schautafeln Themen wie "Dschihad - Ein missverstandener Begriff", "Islam und Wissenschaft" oder "Die Stellung der Frau im Islam" erläutert. Vertreter der Gruppe AMJ sind stets vor Ort vertreten.

Am Mittwoch besucht die Autorin die Ausstellung. Auch zahlreiche Informationsbroschüren liegen zur Mitnahme aus. Vieles dreht sich um das Thema Frau. Weil es uns interessiert, nehmen wir fünf Broschüren mit in die Redaktion und lesen in Ruhe.

"Es muss klargestellt werden, dass die Bewegung der Frauenrechtlerinnen nicht von Gott gesegnet ist und nicht unter Leitung eines Propheten waren, darum fehlte ihnen auch das Licht der göttlichen Führung, sie sind allesamt auf Irrwege abgerutscht. Einige schlimme Folgen machen sich schon jetzt bemerkbar, und weitere werden folgen. Eine dieser Folgen erscheint in Form von Krankheiten." Ein wenig weiter im Text: "Die Freiheit, die hier gemeint ist, ist die Freiheit der Promiskuität, der sexuellen Freizügigkeit, der Schamlosigkeit."
Quelle: "Die Frau im Islam", Hadhrat Mirza Tahir Ahmad

"Die Frau ist von Natur aus anlehnungsbedürftig geschaffen worden; sie hat ein Verlangen nach gewisser Abhängigkeit; sie wünscht eine Hand der Liebe auf ihrem Haupt." (Quelle s.o.)

"In der Tat wäre weder Schleier noch Kopftuch von Nöten, wenn alle Männer sich anständig benehmen würden. Aber das tatsächliche Verhalten vieler Männer ist nicht immer so, wie es wünschenswert wäre, Leidenschaft und Gier sind nicht so leicht aus der Welt zu schaffen."
Quelle: "Warum trägt die Muslima Schleier oder Kopftuch? Hadayatullah Hübsch

Dies sind einige Zitate aus den Broschüren.

 Flyer "Warum trägt die Muslima Schleier oder Kopftuch?"

Flyer "Warum trägt die Muslima Schleier oder Kopftuch?"

Foto: Flyer Ahmadiyya Muslim Jamaat

Frauenfeindlich? Der Düsseldorfer Anzeiger nahm diese und zahlreiche andere Aussagen in den Broschüren zum Anlass, im Rathaus nachzufragen.

 Flyer "Die Rechte und Pflichten einer Frau im Islam"

Flyer "Die Rechte und Pflichten einer Frau im Islam"

Foto: Ahmadiyya Muslim Jamaat

Wer genehmigt eine solche Ausstellung? Wird das Gleichstellungsbüro einbezogen? Was sagt der Oberbürgermeister dazu?

 Flyer "Die islamische Ehe"

Flyer "Die islamische Ehe"

Foto: Ahmadiyya Muslim Jamaat

Die Antwort einer Stadtsprecherin am Donnerstag: "Die Ansichten des Oberbürgermeisters und ob Aussagen einer Ausstellung mit diesen konform sind, sind nicht ausschlaggebend dafür, ob eine Ausstellung stattfinden kann. Im Grundsatz gilt die Meinungsfreiheit." Es handele sich bei AMJ um eine Organisationen, die sich in Düsseldorf bürgerschaftlich engagiere. Es sei für Besucher jederzeit möglich, im Rahmen der Ausstellung, den Dialog mit den Veranstaltern zu suchen.

Am Freitag wendet sich Rüdiger Gutt, der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion mit einem "Offenen Brief" an OB Geisel. Bei den Christdemokraten hat man die Broschüren gelesen.

Gutt schreibt: "Kritisch sehen wir als CDU-Fraktion u. a. folgende Passagen, die sich in den Mitnahme-Flyern finden: 'Unter Umständen, etwa, wenn durch Krieg viele Frauen Witwen geworden und ihnen und den Waisenkindern eine Familie fehlt, ist es dem Mann erlaubt, mehrere (bis zu vier gleichzeitig) Frauen zu heiraten, aber nur, wenn er in der Lage ist, zwischen ihnen vollkommene Gerechtigkeit walten zu lassen […] Die Ehe einer Frau mit mehreren Männern wäre jedoch eine extreme Belastung, wenn die Frau fortwährend von verschiedenen Männern schwanger würde.' (Flyer "Die islamische Ehe")"

Andere Stellen folgen. Und weiter schreibt der Christdemokrat: "Hier hätte dringend ein umsichtiger Dialog mit den Machern der Ausstellung stattfinden müssen. Wo bestimmte Formen von Religionsausübung unsere Werte und Grundrechte berühren, müssen wir das klärende Gespräch suchen. Ein Frauenbild, das — wie in den angegebenen Textstellen deutlich wird — nicht auf völliger Gleichberechtigung beruht, können wir als Mehrheitsgesellschaft nicht akzeptieren."

Im Rathaus verweist man daraufhin wieder auf die Anwesenden von AMJ, die zum Dialog bereit gewesen wären. Die Verantwortlichen im Rathaus sehen sich nicht in der Pflicht.

Es folgt am Samstag der "Offene Brief" von AMJ. Die Ausstellung würde zur Zielscheibe von politischen Vorwürfen und religiös-kulturellen Vorurteilen gemacht, heißt es da. Die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen. "Richtig ist, dass der Islam ähnlich wie andere große Religionen die Zurschaustellung körperlicher Reize sowohl für den Mann als auch für die Frau äußerst kritisch sieht."

Man wolle sich mit der CDU über das Thema Frauenrechte und das Frauenbild im Islam ergebnisoffen austauschen.

Das Thema ist längst in der Politik angekommen. CDU-Ratsherr Andreas Auler auf Facebook: "Im Gleichstellungsausschuss (21. Februar 2017) werden wir das behandeln. Ich bin gespannt, ob die Verwaltung dafür eine vernünftige Erklärung hat!?"

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