Die Winterschlampenparade bietet Wetterfesten herbe Radtour-Alternativen Durch spritzenden Dreck

Zum mittlerweile vierten Mal organisiert der Düsseldorfer Carsten Wien die "Winterschlampenparade". Was genau es mit der beherzten Sonntags-Radtour durch die kalten Monate bis einschließlich Februar auf sich hat, erzählt er im Interview.

 Die Winterschlampenparade unterwegs - sie läuft traditionell in den Monaten November bis einschließlich Februar.

Die Winterschlampenparade unterwegs - sie läuft traditionell in den Monaten November bis einschließlich Februar.

Foto: Kerstin Kortekamp

Was macht eine Radtour zur Winterschlampenparade?
Winterschlampe ist der Kosename für das Rad, dass man während der Wintermonate gerne fährt. Ein Renner, ausgestattet mit etwas breiteren Reifen und Schutzblechen. Man zollt den Arbeitstieren unter den Rennrädern Tribut. Heute werden solche Räder gerne Gravel-Bike genannt, liegen voll im Trend.
Hinsichtlich der Streckenplanung ist uns ein Wirtschaftsweg mit Schotter oder Waldboden lieber als der Standstreifen einer langen, geraden Autostraße. Ersterer ist jetzt oft dreckig, was für komische Kriegsbemalungen nach der Tour sorgen kann. Oder auch mal für ein Knirschen zwischen den Zähnen, bei dem man nicht wissen will, wo es herkommt.

Der herbe Name passt auch, weil zarteren Gemütern im Sattel eher unbehaglich wird?
Genau. Hier geht es um wetterfeste Mädels und Jungs aller Altersklassen, die Spaß haben, sich am Sonntag mal für etwa drei Stunden Dreck, Regen oder Graupel um die Ohren spritzen zu lassen und sich danach auf eine heiße Dusche, das Entspannungsbad oder den Rest-Sonntag auf der Couch freuen. Die Teilnehmer-Anzahl variiert natürlich - ein kalter Sonnentag kann ein Peloton von 50 Leuten motivieren, bei 3 Grad und Nieselregen stehen zehn Unerschütterliche am Startpunkt.

Was lässt sich zu den Streckenprofilen sagen?
Überwiegend flach, da bietet sich das linksrheinische Terrain an. Oft erobern wir das Gebiet zwischen Duisburg, Willich und Rommerskirchen. Die kleinen Wege zwischen den Feldern sind ideal für Gruppenausfahrten. Kontakte zu Autofahrern sind selten, man trifft eher auf den Bauern auf dem Trecker, der freundlich grüßt und sich über die Wahnsinnigen wundert, die da bei Sturm und Regen langfahren.

Und ein Mountainbike bleibt ein unerfüllter Traum?
Richtig, wir beschäftigen uns nur mit dem Rennrad-Gedöns. Also Rennräder, Crosser, Singlespeeds oder Gravelbikes. Wichtig: mit Rennbügel, also keine Touren-, MTB- oder Brezel-Lenker...

In jedem Fall sind bei Pannen genug Experten vor Ort. Oder muss jeder sein Rad selbst richten?
Pannen bei Winterausfahrten sind ein heikles Thema. Wenn eine Gruppe von dreiundzwanzig Leuten im Dauerregen bei 5 Grad eine halbe Stunde wartet, weil jemand mit einem vierzehn Jahre alten Billigreifen drei Platten hintereinander hat, dann können Blicke töten. Bisher gab es nur einmal Handgreiflichkeiten, aber wir empfehlen Mitfahrern, bei der Winterschlampe keinen Wartungsstau aufkommen zu lassen.

Sie lassen gerne Gastgruppen mitfahren, prominent oder vom Fach. So waren etwa die Düsseldorfer Coverband Porno al Forno oder der Rapha Mobile Cycling Club aus England schon dabei. Der Hintergrund?
Wir haben uns in all den Jahren den Ruf erworben, Gruppenausfahrten gut zu organisieren, so etwas spricht sich rum. Bei einer Tour von Rapha im Rahmen der Eurobike vor einigen Jahren haben wir uns im Anschluss mit dem deutschen Macher Dirk Kaufmann zusammengesetzt und Kooperationsmöglichkeiten besprochen. Rapha waren vom gemeinsamen Debüt schwer begeistert und haben daher immer wieder gerne mit uns etwas organisiert. Wir freuen uns natürlich, dass unsere Aktivitäten mittlerweile selbst international beachtet werden. Mit den Jungs von Porno Al Forno teile ich eine Punkrock-Vergangenheit. Und wir haben gemeinsam mit dem Team seinerzeit vor dem "Race am Rhein" im Vorfeld des Grand Départ im Sommer vergangenen Jahres eine Trainingsausfahrt veranstaltet. Allerdings habe ich heute noch ein schlechtes Gewissen, weil das doch für einige als Einstieg in den Radsport etwas zu ambitioniert war.

Wie hat es die Parade ins Fahrprogramm Ihres Geschäfts, der "Schicken Mütze" auf der Talstraße, geschafft?
Das Geschäft ist ja aus einer Klassikerausfahrt entstanden, die Mütze war als eine Art Vereinsheim gedacht. Vor fast neun Jahren haben wir begonnen, Ausfahrten für Fahrer und Fahrerinnen klassischer Rennräder im Stile der italienischen L'Eroica zu organisieren. Wir hatten keine Angst vor schlechtem Wetter und sind das gesamte Jahr durchgefahren. Irgendwann entstand die Idee, die Winterrunden vom Klassikerbanner frei zu machen und einfach ohne Rücksicht auf Material Leute anzusprechen, die auf unserer Wellenlänge ticken und Spaß am sportlichen Radfahren haben. Zusätzlicher Grundgedanke war und ist ein verlässlicher Treffpunkt für Rennradfahrer, die auch zu dieser Jahreszeit Spaß an Ausfahrten haben.

!bis Februar, sonntags, 11 Uhr, Rheinterrasse, Joseph-Beuys-Ufer, Teilnahme kostenlos, schickemuetze.de

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