1. Düsseldorf

Düsseldorf sieht rot

Düsseldorf sieht rot

Dem Raumausstattermeister Martin Rath steht es bis hier. Einen Burschen im Anzug, der gerade durch die Tür seines Geschäfts an der Heyestraße 86 tritt, blafft er an: "Gerade sind zum dritten Mal Telefon und Internet ausgefallen."Dabei muss Rath einem wichtigen Großkunden noch eine Mail schreiben, "da hängen Hunderttausende Euro dran." Und in zwei Tagen will er mit seiner Familie in den knapp bemessenen Urlaub fahren.

Grund für den Ärger: Vor seinem Laden und die ganze Heyestraße entlang soll ein Kanal neu getunnelt werden.

Doch das imposante Drehbohrgerät in Höhe der Nr. 63 ruht. Erst müssen die verschiedenen Telekommunikationsunternehmen ihre Strippen in den Straßenrand verlegen, so dass der Verkehr auf der Heyestraße nur noch in eine Richtung fließen kann. "Ich komme mit meinem Wagen gerade so durch, und weil vor ein paar Tagen ein Drittel meines Transporters auf den Behindertenparkplatz ragte, hat man mir ein Knöllchen verpasst." Das setze dem ganzen doch die Krone auf!

Ein paar Meter weiter wurden große Müllbehälter nicht geleert. Der Hausmeister vermutet, dass die Awista zwischen den vielen Baustellen-Baken einfach nicht mehr durchgeblickt hat.

Gerade die Geschäftsleute kämpfen mit vermeidbaren Widrigkeiten. Wie schon Schuhmachermeister Detlev Schümmer am Poth in Gerresheim, hat auch Peter Braun bemerkt, dass Hinweisschilder an der B 7 von Autofahrern so verstanden werden könnten, dass die Benderstraße gar nicht mehr mit dem Wagen zu erreichen wäre.

"Dann habe ich bei der Verwaltung angerufen." Zugehört wurde ihm, "und heute war die Hinweis-Anlage abgeschaltet." Peter Braun gehört die Gerresheimer Filiale der Schokoladenmanufaktur Rousseau. Seine Kommentare im klimatisierten Laden sind erfrischend, während draußen in der Hitze eine riesige Universal-Stopfmaschine die neuen Gleise verlegt. "Die Kunden sind schon treu — aber der Umsatz geht zurück. Deswegen haben wir nun einen Internet-Verkauf aufgebaut."

Ein paar Kilometer stadteinwärts an der Kreuzung Grafenberger Allee Uhlandstraße müssen die beiden Apothekerinnen Barbara Frankowski und Marina Kunizyna gegen den Lärm anreden. "Es ist nicht so schlimm wie gedacht, obwohl wir anfangs überhaupt wenig Informationen besaßen." Die Ärzte konnten deshalb zu Beginn der Baustelle keine Termine machen, weil sie nicht wussten, wie die Patienten mit Auto, Taxi und Straßenbahn vor die Praxen kommen würden. "Ich kann allerdings vergleichen", sagt Marina Kunizyna, "in meiner Heimatstadt Moskau erfahren Sie vorher über Baustellen überhaupt nichts. Nie."

Christoph Raasch befindet sich auf der anderen Seite der Baustellen-Front. Der Mitt-Vierziger lenkt eine 400.000 Euro teure Kaltfräse über den Asphalt der Niederrheinstraße am Freiligrathplatz. Auch hier müssen Autofahrer vor den mobilen Ampeln warten. "Aber die Reaktionen halten sich im Rahmen. Anders ist das auf Autobahnen. Wenn man Pech hat, fliegen auch schon mal Flaschen."