Die Rathauskolumne Die Tour de France, die Kosten und die Leiden des Stadtrates

Am kommenden Donnerstag, 19. Oktober, steht im Düsseldorfer Stadtrat wieder eine Abstimmung über Mehrkosten bei der Tour de France in Düsseldorf an. In der Ratssitzung vom 21. September 2017 war man nach rund vierstündigem , heftigem Streit zu keinem Ergebnis gekommen.

Die Rathauskolumne: Die Tour de France, die Kosten und die Leiden des Stadtrates
Foto: Archiv/ Landeshauptstadt Düsseldorf/ David Young

Die Diskussion nimmt derweil stellenweise bizarre Züge an.

Der Baas der Düsseldorfer Jonges, Wolfgang Rolshoven, warf in einem Kommentar diese Woche der CDU Taktiererei vor. Sie solle einlenken, zum Wohle der Stadt und um das Amt des Oberbürgermeisters nicht zu beschädigen.
Die Tour de France war eine tolle Veranstaltung — gar keine Frage. Doch ist es gutes Recht des Rates, das Handeln der Verwaltung zu hinterfragen. Wer kurzerhand die Opposition zum Sündenbock macht, verkennt die Fakten.

Ein Blick zurück:
Alles beginnt am 5. November 2015. Der Stadtrat soll darüber entscheiden, ob Düsseldorf sich als Austragungsort des Grand Départ 2017 bewirbt.
Stadtdirektor Burkhard Hintzsche stellt damals die Kosten vor. 11,09 Millionen Euro. Das sei "eine sehr konservative Schätzung", erklärt der SPD-Mann.
Norbert Czerwinski (Grüne) hat finanziell keine Bedenken: "Ich habe die Hoffnung — und da würde ich mit Ihnen wetten -, dass wir am Ende auf null kommen können, was den städtischen Haushalt angeht; denn die Idee wird ziehen."
Für die FDP ist klar: Bei der Tour de France sind sie raus. "Das Geld ist einfach nicht da", sagt Monika Lehmhaus, die vor der Ausrichtung solcher Großereignisse ohnehin zunächst eine klare Neuausrichtung der städtischen Vermarktung sieht.
Die Linke ist nicht gegen die Tour, aber sie ist dagegen, dass städtische Mittel dafür ausgegeben werden.

CDU-Chef Rüdiger Gutt verweist auf eine nicht ausreichende Kosten-Kalkulation: "Die 11 Millionen Euro sind noch nicht das Ende." Sein Vorschlag: Eine umfassendere Vorbereitung, eine bessere Kalkulation und eine Bewerbung für 2018. Tatsächlich sei die Vorlage ein Blankoscheck, der aufgrund der Haushaltssituation von der CDU so nicht mitgetragen werden könne.
Oberbürgermeister Thomas Geisel appelliert ans Plenum: "Für den, der einen klaren, kaufmännischen Verstand und ein Herz für Düsseldorf hat, gibt es keine Alternative als die, hier Ja zu sagen."
SPD und Grüne wünschen sich für die Entscheidung eine breite Mehrheit des Rates. Der Grüne Bürgermeister Günter Karen-Jungen sagt: "Es darf nicht sein, dass eine Mehrheit für ein solch weltweites Ereignis nur mit den Stimmen von Republikanern und Rechtsradikalen zustande kommt."

Mit 40:39 Stimmen beschließt der Rat der Stadt, "dass sich die Landeshauptstadt Düsseldorf als Austragungsort für den Grand Départ bewirbt. Die erforderlichen Mittel werden in den Haushalt 2016 und 2017 eingestellt."
Nach der Abstimmung kommt es zum Eklat. Nicht mit den Stimmen der Rechtsradikalen und Republikaner — hatte Bürgermeister Günter Karen-Jungen gefordert. Doch genau das war passiert. Die Grünen sind bemüht, ihr Gesicht zu wahren. In Zukunft solle OB Geisel für eine breitere Mehrheit beim Thema Tour de France sorgen.

Februar 2016: Noch im Dezember hatte Düsseldorf den Zuschlag als Ausrichter des Tour de France-Starts erhalten. Erste Zahlungen an den Veranstalter A.S.O. sind erfolgt (1,7 Mio).
CDU, FDP und einige Grüne sind der Auffassung, die Zahlungen bedürfen weiterer Abstimmungen im Rat.
OB Geisel verweist auf November 2015. Abstimmungsgrundlage sei eine sehr detaillierte Ratsvorlage gewesen. (Als Gesamtkosten nennt er 10 Mio. Euro, den städtischen Anteil beziffert er mit 6,2 Mio.)

Er appelliert an den Rat: "Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass es ein großer Erfolg wird, dass die finanzielle Belastung so gering wie möglich ausfällt und vielleicht gar nicht zu Buche schlagt."

Rüdiger Gutt (CDU) will schließlich wissen: "Wie weit deckelt der Beschluss aus dem November 2015, dass die Verwaltung unbegrenzt in den Haushalt greifen kann, um das zu finanzieren, was uns bevorsteht?" Und: "Aus welcher Haushaltsstelle geschieht das?"
Die Zahlung der 1,7 Mio erfolgte aus laufenden Mitteln, erklärt der damalige Beigeordnete Dr. Stephan Keller. Der Ratsbeschluss ist ausreichend, "solange Geld auch verfügbar ist."

"Wenn in 2016 noch Zahlungen fällig werden, die nicht über eine Budgethilfe aus dem bestehenden Haushalt gedeckt werden können, müssen überplanmäßig Mittel bereitgestellt werden. Dann ist der Rat auch ab einer bestimmten Höhe — ab da, wo die Kämmerin das nicht alleine entscheiden darf — noch einmal damit zu befassen." Für 2017 notwendige Mittel müssten in den Haushalt 2017 eingeplant werden.
Am Tag der Ratssitzung gibt der Oberbürgermeister eine Pressekonferenz zur Tour de France. Für FDP-Fraktionsgeschäftsführer Manfred Neuenhaus geht das gar nicht. Für eine breite Mehrheit im Rat erwarte er auch eine frühzeitige und umfangreiche Information.

Juli 2016:

Inzwischen wurde die Kleine Kommission Grand Départ unter Vorsitz von Günter Karen-Jungen eingerichtet. Oberbürgermeister Geisel berichtet dem Stadtrat regelmäßig aus der Kommission.
CDU-Chef Rüdiger Gutt erklärt, die Tour de France habe einen Geburtsfehler: Man habe sich erst beworben und dann erst mit der Sponsorensuche begonnen.
Er betont wieder: Ein städtischer Eigenanteil von 5 Mio. Euro — das sei der CDU zuviel.

Kompromiss-Vorschlag der CDU: Eine Kostenbremse für den städtischen Eigenanteil.
SPD, Grüne und CDU stimmen schließlich für den Beschluss: Der Stadtrat stimmt der überplanmäßigen Bereitstellung von bis zu 3,1 Mio. Euro in 2016 zu. Den überplanmäßigen Ausgaben stehen 2016 überplanmäßige Einnahmen von 2,1 Mio gegenüber. Alle zusätzlichen Erträge des Projektes dürfen zu Aufwendungen in gleicher Höhe führen. Je mehr Geld reinkommt, desto mehr wird auch bewilligt.
Die FDP bleibt konsequent bei ihrer Haltung gegen die Tour.

September 2017: Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert OB Thomas Geisel Anfang September 2017 die "vorläufige End-Aufstellung" der Kosten. Ausgaben: 15,8 Millionen Euro. Einnahmen: rund 8 Millionen Euro. Fehlbetrag: ca. 7,8 Millionen Euro. Geisel in der Pressekonferenz: "Wir sind damals von einem Fehlbetrag von 8,1 Millionen Euro ausgegangen. Jetzt sind es 7.8 Millionen."

Rund vier Stunden gibt es in der Ratssitzung am 21. September kein anderes Thema: Die Tour de France und die Mehrkosten. Die Freigabe von 1,4 Mio. Euro verweigerte der Stadtrat ebenso wie die Genehmigung eines sogenannten Dringlichkeitsbeschlusses über 1,5 Mio. Euro. Den Dringlichkeitsbeschluss über die ursprünglich gesamte Summe von 2,9 Mio. Euro wollte sich OB Geisel von CDU-Fraktions-Chef Gutt gegenzeichnen lassen. Der wollte Details wissen, der Oberbürgermeister nennt das Misstrauen.

Ob das wirklich alles so dringlich sei, fragte Gutt. Der OB lässt nachrechnen. 1,5 Mio. sind dann tatsächlich dringlich. Aber die Grünen wollen nicht gegenzeichnen. Die Linke ebenfalls nicht. Am Ende macht‘s die SPD-Frau Helga Leibauer. Das Vorgehen an sich finden — außer der SPD — so ziemlich alle ungehörig. Auch dass die Mehrkosten nicht schon im Juli vor dem Rat benannt wurden. Am Ende gibt's für beides keine Abstimmung. Die Ampel-Kooperationspartner von FDP und Grünen sind sauer — auf den Oberbürgermeister.

Eine Sondersitzung am 10. Oktober soll fürs Geld sorgen. Die Überraschung kommt diesmal aus der FDP. Manfred Neuenhaus beantragt die Verschiebung auf die reguläre Ratssitzung am 19. Oktober. Der Tour de France-Gegner FDP gibt dem Oberbürgermeister nach seiner Niederlage Schützenhilfe. Ob die politische Tour der Leiden am Donnerstag, 19. Oktober, im Rathaus ein Ende findet, wird sich zeigen, denn die Ampel ist beim Thema komplett zerstritten.
Und das ist kein Verdienst der CDU.

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