Der Sport in Düsseldorf wird weiblicher

Den Frauenfußball hat Fortuna Düsseldorf noch nicht entdeckt, in den Vereinen machen sich Ehrenamtlerinnen rar. Wie steht's um die Frauen im Düsseldorfer Sport? Der Düsseldorfer Anzeiger traf Andrea Haupt beim SFD '75.

 Entspannt aber engagiert am Ball für mehr Frauen in den Düsseldorfer Sportvereinen: Andrea Haupt.

Entspannt aber engagiert am Ball für mehr Frauen in den Düsseldorfer Sportvereinen: Andrea Haupt.

Foto: SFD '75

Die 54-Jährige ist seit fünf Jahren Geschäftsführerin des größten Düsseldorfer Sportvereins. Und sie ist Gleichstellungsbeauftragte beim Stadtsportbund.

Sie sind Geschäftsführerin des SFD '75. Sehr ungewöhnlich, oder? Funktionärs- und Führungsebene sind im Düsseldorfer Sport doch eigentlich Männerdomäne.
Sehr ungewöhnlich, ja. Vor allem, weil wir mittlerweile zwei Geschäftsführerinnen sind und ich vor drei Jahren eine Frau als Präsidentin gewinnen konnte.

Das klingt, als wären Sie ganz gezielt vorgegangen?
Ich wollte eine Frau an der Spitze. Es war einfach Zeit dafür. Über Jahre hinweg hatte es immer nur ein rein männliches Präsidium gegeben.

Wir haben uns die Internet-Seite des Stadtsportbundes (SSB) angesehen. Die Männer von Präsidium und Geschäftsführung sind mit Foto prominent sichtbar, Sie kommen an vorletzter Stelle und ohne Bild. Als "Beauftragte für Gender Mainstreaming und Chancengleichheit". Absicht?
Nein, bestimmt nicht. Wahrscheinlich war das einfach schon immer so. Aber ich finde, das ist ein guter Hinweis. Das könnte man eigentlich mal ändern.
(Anmerkung der Redaktion: Nach dem Gespräch mit dem Düsseldorfer Anzeiger wurde der Eintrag auf der Homepage des SSB umgehend geändert)

Sehr verständlich ist der Begriff "Gender Mainstreaming" ja nicht...
Nicht nur das. Der Begriff polarisiert ja auch sehr. Man könnte einfach und ganz neutral sagen "Beauftragte für Chancengleichheit - Männer und Frauen".

Vielleicht einigen wir uns auf "Gleichstellungsbeauftragte"?
Für Männer und Frauen, genau.

Bis Ende des Jahres läuft eine Studie zur Vereinbarkeit von Frauen, Beruf und Ehrenamt. Inzwischen weiß man bereits: gerade einmal 13 von 100 Frauen sind als Übungsleiterinnen, in Vereinsvorständen u.ä. tätig. Ziemlich wenig. Was läuft da schief im Düsseldorfer Sport?
Es ist wenig, wird aber mehr. Und dieses Mehr ist möglicherweise noch gar nicht festgehalten worden. Allerdings geht das Ehrenamt generell zurück. Es ist nicht mehr attraktiv.

Woran liegt das?
Ehrenamt heißt ja, dass der Mensch grundsätzlich nichts dafür bekommt. Außer vielleicht ein Schulterklopfen. Vielleicht aber auch das noch nicht einmal. Das vergrault viele Männer und Frauen. Es gibt die Ehrenamts-Pauschale. Das heißt, man bekommt wenigstens seine Aufwendungen und ein bisschen was dazu. Das kann aber nicht jeder Verein zahlen. Es ist weder für Männer noch für Frauen, die im Beruf stehen, attraktiv, wenn da gar nichts bei rauskommt. Man kann nicht alles nur für den guten Zweck machen. Dazu kommt, dass die Zeit bei vielen Menschen immer knapper wird. Das Freizeitverhalten hat sich komplett verändert. Da ist es absolut verständlich, wenn eine Frau sich nicht für ein Ehrenamt "einfangen" lässt.

Sie selbst arbeiten in Vollzeit beim SFD '75?
Ja. Ich mache im Verein aber auch sehr viel ehrenamtlich. Das ist meine freie Entscheidung. Natürlich lebt ein Verein von den Ehrenamtlern! Ich habe zum Glück viele. Auch viele Frauen in den Leitungen der Fachabteilungen. Wir sind da als SFD '75 gut aufgestellt. Ich achte zwar auf die Balance, aber eigentlich hat es sich bei uns von alleine ergeben, dass das keine Männerdomäne mehr ist.

Sind Sie beim größten Sportverein der Stadt mit den vielen Frauen die Exoten?
Das glaube ich eigentlich nicht. Sicherlich ist die Quote der Frauen insgesamt immer noch geringer als bei den Männern. Aber ich denke, der Trend geht von ganz allein zu mehr Frauen. Und es wird viel dafür getan. Die Frauen werden informiert, auf Foren weitergebildet. Als Beauftragte sehe ich meine Aufgabe darin, aufzuklären und Leute zusammen zu bringen. Ehrenamtlich! Ich bin ja ein Bindeglied zwischen Landessportbund, Stadtsportbund und den Vereinen.

Gerade im Sport ploppt immer wieder das Thema "Homosexualität" auf. Ist Homophobie ein Thema, mit dem Sie sich als — wir nennen das jetzt mal "Gleichstellungsbeauftragte" - befassen?
Ich würde mich damit befassen, wenn es bei uns ein Thema wäre. In meinem Verein mit 3.500 Mitgliedern kennen wir das nicht. Würde ich davon hören, würde ich nicht lange fackeln!

Wo würden Sie denn derzeit noch die "größte Baustelle" in Düsseldorf sehen, wenn wir von Frauen und Vereinssport sprechen? Vielleicht eine Frauenfußballmannschaft bei Fortuna Düsseldorf?
Das würde ich gerne erstmal im eigenen Verein schaffen, bevor ich auf andere zeige. Ich habe keine Frauen-Mannschaft. Dabei versuche ich das seit eineinhalb Jahren. Ob die dann einen weiblichen oder männlichen Trainer haben, dürfen sie sich selber aussuchen. Aber ich habe noch nicht genügend Frauen aktivieren können.

Das heißt, Mädchen und Frauen, die noch nicht im Verein Fußball spielen, dürfen sich gerne bei Ihnen melden?
Unbedingt! Ich würde mich sehr freuen. Ansonsten würde ich allem ein bisschen seinen natürlichen Gang lassen. Hier und da aber ein bisschen zwicken oder am Öhrchen zupfen. Denn gerade Fortuna - um das Beispiel noch einmal aufzugreifen - hat ja den Namen und die Mittel, den Aufruf für ein Frauenteam zu starten. Die hätten mit Sicherheit großen Zulauf. Und das wiederum hätte große Strahlkraft für den Mädchen- und Frauenfußball in den Vereinen mit dem Ziel, ins Team von Fortuna zu gelangen...

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